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Kongresszentrum: Messe will ICC für die Sanierung schließen

Umbau des Kongresszentrums soll nicht bei laufendem Betrieb erfolgen. Großveranstaltungen könnten in neue Messehalle ausweichen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

In der Messe GmbH wächst der Widerstand gegen eine Sanierung des Internationalen Congress Centrums (ICC) bei laufendem Betrieb. Der Geschäftsführer des landeseigenen Unternehmens, Raimund Hosch, befürchtet dem Vernehmen nach, dass Großkongresse mit vielen tausend Teilnehmern durch die Bauarbeiten in Mitleidenschaft gezogen werden oder in andere Städte abwandern. Die zuständigen Senatsverwaltungen äußern sich dazu nicht.

Aber der SPD-Wirtschaftsexperte Jörg Stroedter spricht von einem „Skandal“. Messechef Hosch spiele „über Bande“ und wolle die Sanierung des ICC mit neuen Argumenten aushebeln. „Das bedeutet Krieg.“ Bisher galt es als unstrittig, dass das „Raumschiff“ am Messedamm während der Bauphase weitgehend funktionstüchtig bleibt. Nur wenige Veranstaltungen sollten ausgelagert werden. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) ging bisher davon aus, dass die Sanierung im März 2012 beginnt und im Juli 2016 abgeschlossen sein wird. Ende dieses Monats soll eine neue Kostenprognose und das Bedarfsprogramm für die ICC-Sanierung vorliegen. Eine Sprecherin der Stadtentwicklungsbehörde bestätigte dies. „Alles andere ergibt sich daraus.“

Aber was? Senator Wolf verweist auf den Senatsbeschluss vom Mai 2008, der weiter gelte. Damals kündigte der Senat an, das ICC „bei laufendem Betrieb abschnittsweise technisch zu erneuern, zukunftsfähig zu sanieren und funktionell zu modernisieren“. Geschätzte Kosten: 182 Millionen Euro. Nicht nur Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) befürchtet, dass es 250 bis 300 Millionen Euro werden. Die Messe will stattdessen ein neues Kongresszentrum auf dem Gelände der Deutschlandhalle.

Jetzt wird unternehmensintern eine neue Variante diskutiert, die davon ausgeht, dass sich die ICC-typischen Mammutkongresse nicht von den Gebäudeteilen abschirmen lassen, die gerade Baustelle sind und in Staub und Lärm versinken. Auch das Catering und die Klimatisierung der Räume würden beeinträchtigt, verlautet aus Kreisen der Messe. Und Bauexperten wenden ein, dass die Sprinkleranlage – als wichtigster Teil des Sicherheitssystems – zentral aufgebaut sei und nicht abschnittsweise gesteuert werden könne. Michael Hofer, Sprecher der Messegesellschaft, wollte sich dazu nicht äußern, aber: „Den Rat von Experten sollte man nicht überhören, und der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass eine Großbaustelle ihr Umfeld beeinträchtigt.“ Es wäre ein Desaster für Berlin, wenn zum Beispiel die großen Medizinkongresse nicht mehr in die Stadt kämen.

In der Messe GmbH kursiert nun die Idee, eine lange geplante neue Messehalle (als Ersatz für die Deutschlandhalle) so auszubauen, dass sie Großkongresse aufnehmen kann. 20 000 Quadratmeter Fläche wären nötig, die Kosten werden auf bis zu 100 Millionen Euro geschätzt. Dann könnte das ICC geschlossen und in einem Rutsch saniert werden, was Bauzeit und Kosten verringern könnte. Der Architekt und ICC-Spezialist Uwe Hameyer hält diese Pläne für einen Trick. „Wenn das ICC einmal stillgelegt ist, wird es heißen: Es geht auch ohne.“ Ziel des Messechefs Hosch sei es, „den Klotz am Bein loszuwerden, der mit hohen Betriebskosten die Unternehmensgewinne beschneidet“.

Ob sich die Messe mit ihrer Idee durchsetzt, hängt auch davon ab, ob die neue Halle – als temporäres Kongresszentrum – gebaut wird. Noch hat die oberste Denkmalschutzbehörde nicht entschieden, ob die Deutschlandhalle abgerissen werden darf. Der Ausgang des Verfahrens ist ungewiss. Der Architektenwettbewerb für die neue Halle liegt vorerst auf Eis.

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