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Berlin: Konkurrenz für die Post AG: Erstmals seit hundert Jahren ist in der Stadt eine private Briefmarke auf dem Markt

Auch in Berlin bringt der Postbote längst nicht mehr alle Briefe. Das Postmonopol wird immer weiter ausgehöhlt.

Auch in Berlin bringt der Postbote längst nicht mehr alle Briefe. Das Postmonopol wird immer weiter ausgehöhlt. Seit gestern ist erstmals seit 100 Jahren in Berlin eine private Briefmarke auf dem Markt. Herausgegeben hat sie die PIN - Intelligente Dienstleistungs AG. Das Unternehmen holt Briefe und Pakete ab und garantiert, sie am nächsten Tag bis 12 Uhr an ihren Bestimmungsort in Berlin zu bringen. Die Post zweifelt derweil an der Rechtmäßigkeit der Genehmigung für den privaten Anbieter.

150 Kunden - ausschließlich Gewerbetreibende - nutzen bislang den Service der PIN AG. "Das sind Firmen, die täglich mehr als 50 Briefe zu befördern haben", sagt PIN-Produktmanager Günter Buntemann. Aus wirtschaftlichen Gründen habe man diese Zahl gewählt. In etwa zwei Monaten will die PIN AG ihr Angebot auf kleine und mittelständische Unternehmer ausdehnen. In der Nähe der bislang 14 eingerichteten Verteilerzentren, die zumeist in Gewerbegebieten liegen, stellt der Dienstleister Briefkästen auf. Auf den dunkelblauen Metallbehältern sind neben dem Namen des Anbieters auch die Briefmarken abgebildet. Zum Beispiel kostet die Beförderung eines Standard-Briefes eine Mark.

5000 so genannte Ersttagsexemplare mit jeweils vier Marken gibt es zunächst mit dem historischen Motiv Brandenburger Tor: Es wurde etwas schräg, mit dünnen Pinselstrichen in blau, schwarz, oliv und pink verewigt. Sie lockte gestern vor allem Philatelisten in den Hof der Lichtenberger Josef-Orlopp-Straße 54. Etwa 50 Sammler kamen, um die Wertzeichen zu erwerben. Wilhelm Brandz aus Zehlendorf zum Beispiel. Er findet "die Drucke ganz witzig", sagt er. Wolfgang Schmugge aus Prenzlauer Berg ist hier, weil er besonderen Wert auf Brandenburger-Tor-Motive legt. Einige Exemplare will er auch seinen Sammler-Freunden schicken.

Der Kreuzberger Martin Semisch hätte eigentlich gern noch mehr als sechs "Ersttagsstempel" gekauft. Doch Briefmarkenblöcke mit bis zu 50 Marken will das Unternehmen derzeit nicht unter die Leute bringen. "Wir würden damit bloß noch mehr Unruhe auf dem Markt stiften", sagt Buntemann. Denn gegenwärtig könne "der private Briefeschreiber" bis auf das Sammeln, nichts mit den Marken anfangen. In ferner Zukunft werde sich das allerdings ändern, kündigt der Manager an. Aber jetzt sei die Aktiengesellschaft in der Aufbauphase.

Ende vergangenen Jahres erhielt das Unternehmen von der Regulierungsbehörde die Postlizenz. "Wir haben ganz klein angefangen", sagt Buntemann mit Blick auf ähnliche Firmen, die inzwischen wieder aufgeben mussten. So wurden nicht gleich alle Berliner Bezirke bedient. Man ging zunächst in Hohenschönhausen, Lichtenberg, Marzahn und Hellersdorf auf Kundensuche. "Bis allerdings jeder Berliner unser Angebot nutzen kann, dauert es noch einige Zeit", stellt Buntemann klar. Er will die Sache langsam angehen. In den nächsten Monaten soll die Zahl der Verteilerzentren auf 23 ansteigen. 150 Mitarbeiter, darunter Logistiker, Techniker, Zusteller und Betriebswirte zählt das Unternehmen bislang. 100 Neueinstellungen sind noch geplant.

Steffi Bey

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