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Hinter den großen Türmen des Kraftwerks Reuter entsteht ein 44 Meter hoher Fernwärmespeicher, wie in der Simulation zu erkennen ist.

© Simulation: Vattenfall

Konzern erneuert Infrastruktur für Strom und Wärme: Vattenfall baut an allen Ecken in Berlin

Ob in Buch, Mitte, Lichterfelde oder am Kraftwerk Reuter: Mit großem Aufwand modernisiert der Energieversorger seine Anlagen - und schafft damit Fakten für Jahrzehnte.

Vier Wochen nach dem knapp gescheiterten Energie-Volksentscheid steht wieder eine Demo zum Thema an: Für diesen Sonnabend, 13 Uhr, rufen unter dem Motto „Energiewende retten!“ mehr als ein Dutzend Organisationen sowie die Verbände von Solar-, Biogas- und Windenergiebranche ins Regierungsviertel. Während Tausende das Kanzleramt „umzingeln“ wollen, setzt ringsum vor allem Vattenfall die Akzente in der Berliner Energieversorgung, wie ein Blick auf die aktuellen Projekte des Konzerns zeigt. Mit großem Aufwand modernisiert der Versorger seinen Kraftwerkspark – und sichert sich so sein Quasi-Monopol als Fernwärmelieferant.

Größtes Vorhaben ist der Bau eines Fernwärmespeichers am Kraftwerk Reuter West. Nächstes Jahr soll der Behälter neben dem markanten Kühlturm errichtet werden. Mit 44 Meter Durchmesser und 45 Meter Höhe wird er etwa halb so hoch wie der Kühlturm. Er fasst 60 000 Kubikmeter Fernwärmewasser – genug, um 57 000 Haushalte von morgens bis abends mit Wärme zu versorgen. 2016 soll der Speicher in Betrieb gehen, der laut Vattenfall mehr als 20 Millionen Euro kostet und bis zu 100 000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr vermeiden kann. Im Vergleich entspräche dies etwa der CO2-Menge, die 15 000 Durchschnittsberliner im gleichen Zeitraum durch ihren Lebenswandel - Heizung, Verkehr, Ernährung - emittieren.

Vattenfall ist an allen Ecken der Stadt aktiv: Im Westen entsteht der Speicher, im Osten haben Berlins Vattenfall-Chef Alexander Jung und der Marzahn-Hellersdorfer Bezirksbürgermeister Stefan Komoß (SPD) vor wenigen Tagen ein Besucherzentrum für das dort geplante Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk (GuD) eröffnet. Das Zentrum in der Rhinstraße 70 ist mittwochs von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

Auch in Nord und Süd baut der Konzern: In Buch soll an der Schwanebecker Chaussee im März ein weiteres GuD-Kraftwerk in Betrieb gehen. Vierfache Stromproduktion, 20 000 Tonnen weniger CO2 pro Jahr und knapp zehn Millionen Euro Investitionen, lauten die Eckdaten hier. Andreas Jarfe, als Landesgeschäftsführer des Umweltverbandes BUND naturgemäß kein Freund des Energiekonzerns, lobt GuD-Kraftwerke mit Anschluss ans Fernwärmenetz als „absolut sinnvoll“ in Zeiten der Energiewende.

Industrie-Idyll an der Spree: Am Kraftwerk Reuter West bekommt der Kühlturm einen neuen Nachbarn.
Industrie-Idyll an der Spree: Am Kraftwerk Reuter West bekommt der Kühlturm einen neuen Nachbarn.

© imago

Im Süden wiederum ist Vattenfall bei der Erneuerung des Heizkraftwerks Lichterfelde einen großen Schritt vorangekommen: Die drei neuen Heißwassererzeuger des GuD-Kraftwerks haben ihren Belastungstest überstanden, so dass sie zur Heizsaison 2014/15 ans Netz gehen können. Dann werden sie zunächst mit der alten Anlage kombiniert, bis 2016 der Neubau Strom und Wärme liefert.

In der City schließlich hat Vattenfall am Donnerstag drei neue Heißwasser-Erzeuger im Kraftwerk Scharnhorststraße in Betrieb genommen, um den wachsenden Fernwärmebedarf der Gegend nördlich des Hauptbahnhofs zu decken. Und in Wilmersdorf hat sich das Unternehmen einen 55 Jahre alten, nie in Betrieb gegangenen Tunnel gesichert, durch den ursprünglich die Autos zwischen Hohenzollerndamm und Nachodstraße die Bundesallee unterqueren sollten. Das 15 mal 20 Meter große Bauwerk unter der Kreuzung mit ihrer von Kaninchen bevölkerten Mittelinsel erspart stauträchtige Bauarbeiten bei Erweiterung des Fernwärmenetzes, dessen Rohre von Süden her in die City-West wachsen. 300 000 Euro lässt sich Vattenfall Erwerb und Sanierung des Tunnelstücks nach Angaben einer Sprecherin kosten.

Damit schlägt der Energiekonzern Pflöcke für die nächsten Jahrzehnte ein – und gibt schon mal die Richtung vor, die der Senat noch sucht. Dessen Entwurf für das geplante „Energiewendegesetz“ lässt auf sich warten. Zunächst ist das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) dran, bei dem die Stadtentwicklungsverwaltung eine Machbarkeitsstudie „Klimaneutrales Berlin“ bestellt hat. Sie soll bis Jahresende vorliegen.

Wer bei seiner Stromversorgung ohne Vattenfall auskommen will, hat in Hellersdorf die Chance: Im Gelben Viertel wurde auf 50 Dächern die bundesweit größte Solarstromanlage auf Wohngebäuden errichtet. Am Donnerstag haben der Ökostromanbieter Lichtblick und die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land das erste Großprojekt zum Direktverkauf von Solarstrom an die Mieter gestartet.

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