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Berlin: Kopftuchstreit: Barbara John fällt bei ihrer Partei in Ungnade Kritik aus der CDU wegen Toleranz-Initiative mit Süssmuth Fraktion will Aussprache – Junge Union: „Nützliche Idiotin“

Viele Jahre akzeptierte es die Berliner CDU, dass ihr Mitglied Barbara John bei den Themen Ausländer und Integration eine liberale Position vertrat, die viele Parteimitglieder nicht teilten. Jetzt ist die Geduld der Partei mit der früheren Ausländerbeauftragten, die auch im Landesvorstand ihrer Partei sitzt, offenbar am Ende.

Viele Jahre akzeptierte es die Berliner CDU, dass ihr Mitglied Barbara John bei den Themen Ausländer und Integration eine liberale Position vertrat, die viele Parteimitglieder nicht teilten. Jetzt ist die Geduld der Partei mit der früheren Ausländerbeauftragten, die auch im Landesvorstand ihrer Partei sitzt, offenbar am Ende. Die Nachwuchsorganisation der Partei, die Junge Union (JU), hat John am Wochenende aufgefordert, wegen ihrer liberalen Position zum Kopftuchtragen im öffentlichen Dienst als Beisitzerin im Parteivorstand zurückzutreten. Und die CDU im Abgeordnetenhaus bestellte John für kommende Woche zu einer „Aussprache“, bei der die Parlamentarier deutlich machen wollen, dass sie ihre Meinung ablehnen. Das sagte der CDU-Landesvorsitzende Joachim Zeller dem Tagesspiegel.

Hochgekocht war der Streit in der Union durch ein scharf formuliertes Schreiben, das der JU-Landesvorsitzende Tim Peters am Sonntag öffentlich machte. Es bezieht sich auf eine Initiative von John, ihrer Parteifreundin Rita Süssmuth sowie der Bundesausländerbeauftragten Marieluise Beck (Grüne), die am heutigen Montag einen Aufruf veröffentlichen wollen, in dem sie um mehr Toleranz für moslemische Frauen werben, die das Kopftuch im öffentlichen Dienst tragen wollen. „Die Damen stellen aus falsch verstandener Liberalität mit ihrer Initiative ,nützliche Idioten‘ des fundamentalistischen Islam dar“, schreibt JU-Chef Peters in seinem Appell. Die frühere Bundestagspräsidentin Süssmuth und Frau John seien „CDU-Feigenblätter für eine Initiative, die bei der breiten Mehrheit der Berliner CDU tiefste Ablehnung hervorruft“. Peters fordert John auf, sich von dem Aufruf zu distanzieren – „oder ihr Mandat als Beisitzerin im CDU-Landesvorstand zur Verfügung zu stellen“.

Parteichef Zeller teilt die Kritik, auch wenn er den Ton von Peters’ Schreiben für „überzogen“ hält, wie er dem Tagesspiegel sagte: „Die jungen Leute sind ja immer etwas heißspornig.“ Inhaltlich sei es allerdings richtig, dass John und Süssmuth mit ihrer Akzeptanz des Kopftuchs im öffentlichen Dienst in Berlins CDU weitgehend alleine dastünden. „Beim Kopftuch geht es nicht um ein religiöses Symbol, sondern um den gesellschaftlichen Machtanspruch islamistischer Gruppen“, sagte Zeller. „Deswegen sind wir strikt dagegen.“ John vertrete eine „Einzelmeinung“, die auch von der Abgeordnetenhausfraktion der Partei immer klar abgelehnt wurde. Bei dem Gespräch mit John sei nun zu klären, „ob ihre Meinung mit ihrer Funktion im Landesvorstand zu vereinen sind“.

Barbara John selbst sieht der Debatte gelassen entgegen. „Ich habe in der Integrationspolitik ja noch nie die Mehrheitsmeinung der CDU vertreten“, sagte sie dem Tagesspiegel gestern. Sie sehe auch keinen Grund, wegen einer Initiative, an der sie sich als Privatperson beteilige, „vorher bei der Partei anzufragen, ob das politisch genehm ist“. Sie bleibe bei ihrer Meinung, dass ein allgemeines Kopftuchverbot einem „Generalverdacht“ gegen alle moslemischen Frauen gleichkomme und diese im Zweifel eher radikaler machte, anstatt sie zu integrieren.

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