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Berlin: Kopftuchverbot im Gerichtssaal

Justiz rüstet sich zum Prozess gegen Yassin Ali-K., der einen SEK-Beamten erschoss – wichtigster Zeuge anonym

Die Justiz befürchtet eine „aufgeheizte“ Stimmung und hat sich gerüstet. Die Zuschauer dürfen erst nach eingehender körperlicher Untersuchung in den Saal 700. Spitze oder scharfe Gegenstände werden ihnen abgenommen, Taschen jeglicher Art müssen draußen bleiben. Sogar Kopftücher und Schleier sind nicht gestattet. Weil man darunter zum Beispiel ein Messer verstecken könnte. „Wenn der Prozess vorbei ist, machen wir drei Kreuze“, sagt ein Justizwachtmeister. Fünf seiner Kollegen werden ständig im Saal sein und vor allem die Zuschauer im Blick haben. Es werden viele Angehörige und Bekannte des Angeklagten erwartet.

Ab heute sitzt Yassin Ali-K. auf der Anklagebank. Der 24-jährige Libanese wird mit Hand- und Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt. Er bleibt auch während der Verhandlung aus Sicherheitsgründen gefesselt. Er ist der Mann, der am 23. April Roland Krüger, den Beamten des Spezialeinsatzkommandos, erschossen und einen weiteren Beamten schwer verletzt hatte.

Die Staatsanwaltschaft wirft Yassin Ali-K. Totschlag, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Verstoß gegen das Waffengesetz vor. Mehr als 40 Zeugen sind in der Anklageschrift benannt, darunter etwa 30 Polizeibeamte. Einer von ihnen soll noch am ersten Verhandlungstag nach der Befragung des Anklagten vernommen werden. Möglicherweise handelt es sich bei dem ersten Zeugen um den Mann mit der Einsatznummer 14. Eine der fünf Kugeln hatte die Wade dieses Beamten durchschlagen. Er stand bei dem Einsatz direkt hinter dem Getöteten. Wie alle anderen SEK-Beamten wird er als Zeuge aus Sicherheitsgründen keinen Namen, sondern nur seine Nummer angeben.

Yassin Ali-K. sagt, er habe das Polizeikommando nicht erkannt, habe bei den Schüssen auch gar nicht zur Tür gesehen. Nach Verlesung der Anklageschrift wird er voraussichtlich wiederholen, dass er nur geschossen habe, weil er die in die Wohnung stürmenden Beamten für Mitglieder eines verfeindeten Clans gehalten habe. Die Familie Ali-K. soll zum kriminellen libanesisch-kurdischen Milieu gehören, das vor allem in der Türsteher-Szene aktiv ist.

Krüger hatte als erster der Einsatzkräfte die geöffnete Tür zum Wohnzimmer erreicht. Er trug einen Schutzschild mit der Aufschrift „Polizei“. Krüger und weitere SEK-Beamte sollten Ali-K. wegen einer Messerstecherei vor der Disco Jungle Club in Neukölln verhaften. Der Verdächtige schoss sofort. Insgesamt fünf Schüsse soll er aus einer Pistole abgefeuert haben. Roland Krüger wurde im Gesicht getroffen. Der Vater einer einjährigen Tochter starb wenige Tage später.

Kerstin Gehrke

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