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Geplante Internetseite immer noch offline: Korruptionsbekämpfung muss warten

Vor einem Jahr schon wurde beschlossen, eine Internetseite zur Korruptionsbekämpfung einzurichten. Dort sollten Berliner anonym Verdachtsfälle bei Firmen und Behörden melden können. Doch die Seite gibt es bis heute nicht.

Es ist eine einfache Idee, die dem Staat viel Geld einbringen und der Polizei enorme Ermittlungserfolge bescheren könnte. Anonym sollen die Berliner bald die Möglichkeit haben, über eine Antikorruptionsplattform im Internet auf Verdachtsfälle bei Firmen und Behörden hinzuweisen. In Niedersachsen funktioniert das System seit 2003 äußerst erfolgreich.

Vor knapp einem Jahr sprach sich der Rechtsausschuss im Abgeordnetenhaus für die Einführung einer Internetseite zur Korruptionsbekämpfung für Berlin aus, doch bis heute ist kaum etwas passiert. Wann die Seite online geht, ist weiter unklar. Dabei sind die Behörden dringend auf die Hilfe von Hinweisgebern angewiesen. 95 Prozent aller Korruptionsfälle bleiben nach Schätzungen unentdeckt.

„Wir sind überrascht, dass wir seit Monaten nichts mehr von der Senatsverwaltung gehört haben“, sagt Kai Leisering von der Berliner Firma Business Keeper, die die Software entwickelt hat. „Wenn der Auftrag kommt, könnten wir die Seite innerhalb weniger Wochen umsetzen.“

Das System ist so entwickelt, dass Hinweisgeber anonym mit Ermittlern kommunizieren und auch Dateien als Beweismittel hochladen können. Viele große Unternehmen und auch die Regierungen von Indonesien, Marokko und Kenia nutzen die Software, um gegen Betrug, fehlerhafte Buchführung, Korruption, Untreue, Urheberrechtsverletzungen, Wettbewerbsdelikte und Insolvenzstraftaten vorzugehen.

Auch in Niedersachsen wird das System eingesetzt. Dort gehen die verschlüsselten Nachrichten direkt zu einem gesicherten Server des Landeskriminalamtes (LKA). Damit die Beamten mit dem Informanten Kontakt aufnehmen können, wird ein anonymer Postkasten auf der Internetseite eingerichtet. Darüber kann der User sich jederzeit über die Entwicklung des Falles informieren und das LKA kann Rückfragen zu den Hinweisen stellen.

Die Benutzer müssen sich nur eine Vorgangsnummer und das Passwort merken. Die Kosten liegen unter dem Monatslohn einer Teilzeitkraft, weil die Entwicklerfirma für Behörden einen Sonderpreis anbietet. Die Ausgaben würden sich vermutlich schon nach den ersten aufgedeckten Korruptionsfällen rentieren.

„Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem System gemacht“, sagte Axel Müller von der Zentralstelle für Korruptionsbekämpfung vom LKA Niedersachsen. Seit 2003 seien mehr als 1300 Hinweise mit strafrechtlich relevantem Hintergrund eingegangen. Dass die Webseite auch für andere Bundesländer sinnvoll wäre, zeigen die Nutzeranfragen. Rund die Hälfte der eingehenden Nachrichten beziehen sich nicht auf Niedersachsen. 30 Einträge stammten aus Berlin und wurden an die hiesigen Ermittler weitergeleitet.

Eigentlich steht der Einführung der Seite in der Hauptstadt nichts entgegen, doch hier wurde nach langer Diskussion entschieden, das Portal nicht direkt an das LKA anzubinden, sondern an die Innenverwaltung. Dort müssen jetzt erst Mitarbeiter abgestellt werden, die die eingehenden Daten verarbeiten und an die Polizei weiterleiten. Der dafür zuständige Verwaltungsmitarbeiter war am Mittwoch nicht zu erreichen.

„Ich hatte gehofft, dass das System schneller eingeführt wird“, sagt der für Korruption zuständige Leitende Oberstaatsanwalt Hans Jürgen Fätkinhäuer. „Ich bin glühender Befürworter dieses Meldesystems.“ Natürlich sei es „keine Wunderwaffe“, aber eine moderne Möglichkeit, Hinweise zu erhalten und auf ihre Plausibilität zu überprüfen.

Für die Korruptionsbekämpfung sind in Berlin drei Stellen zuständig: Die wichtigste ist die Spezialabteilung 23 der Staatsanwaltschaft. Zudem wurde 1998 die Zentralstelle für Korruptionsbekämpfung bei der Generalstaatsanwaltschaft eingerichtet. Seit 1995 besteht darüberhinaus die Antikorruptions-Arbeitsgruppe in der Justizverwaltung.

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