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Berlin: Kosten für Handyblocker in Strafanstalt viel höher Im Juli startet Pilotprojekt in Jugendgefängnis Die Opposition fordert eine Kostenprüfung

Berlin - Sie richten Facebook-Profile ein, surfen im Internet, telefonieren – und sitzen in Haftanstalten. Obwohl Handys im Gefängnis verboten sind, gelangen die Insassen immer wieder an Mobiltelefone.

Von Sabine Beikler

Berlin - Sie richten Facebook-Profile ein, surfen im Internet, telefonieren – und sitzen in Haftanstalten. Obwohl Handys im Gefängnis verboten sind, gelangen die Insassen immer wieder an Mobiltelefone. Seit Jahren plant die Justizverwaltung den Test mit Handyblockern. Im Juli nun soll der sechsmonatige Probebetrieb in der Jugendstrafanstalt (JSA) in Charlottenburg starten. Die Kosten belaufen sich auf 839 000 Euro – 246 000 Euro mehr als geplant. So steht es in einer Senatsvorlage der Bau- und Justizverwaltung an den Hauptausschuss. Die Kostensteigerung ärgert nicht nur die Opposition. Auch SPD-Justizpolitiker Sven Kohlmeier wäre von Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) gern darüber informiert worden.

Die Verwaltungen begründen auf Anfrage die höheren Kosten mit der Auswahl eines teureren, dafür weniger störanfälligen Systems. Statt über jedem Zelleneingang Detektoren und Blocker zu installieren wie geplant, sollen jetzt Computer auf dem Dach und im Keller aufgestellt werden. Die Software sichere eine „Detektions- und Blockungszuverlässigkeit von 100 Prozent“, heißt es. Das System sei leicht zu montieren und nicht störanfällig, da Häftlinge keinen Zugang zu den Räumen hätten. Den Zuschlag für den Auftrag erhielt die Berliner Firma Colmlab.

Justizsenator Heilmann begrüßt das Pilotprojekt. Handys in Haftanstalten stellten unverändert ein „gravierendes Problem“ für den Vollzug dar, sagte Heilmann. Durch illegale Kommunikation könnten Gefangene Zeugen beeinflussen. Handys würden außerdem zum Rauschgifthandel oder bei der Planung von Ausbruchsversuchen genutzt.

Getestet werden soll das System im Haus 9 und am angrenzenden Sportplatz der JSA. Im Haus 9 sind zurzeit 68 Untersuchungsgefangene von insgesamt 499 JSA-Insassen untergebracht. 2009 wurden in der JSA 367, im Folgejahr 389 und 229 Handys im Vorjahr sichergestellt.

Dass Handys im Knast verboten sind, finden SPD-Politiker Kohlmeier, CDU-Rechtsexperte Sven Rissmann und der Grünen-Rechtspolitiker Benedikt Lux richtig. „Aber wie so häufig bei Planungen von Justizprojekten wird es dann wieder erheblich teurer als geplant“, kritisierte Lux. Er fordert eine Kostenprüfung. Damit wird sich der Hauptausschuss befassen. Christopher Lauer von den Piraten sagte, die Gefangenen hätten zwar ein „Recht auf Kommunikation“, allerdings dürfe man nicht telefonisch illegale Geschäfte verabreden. Er sieht in Handyblockern keinen Sinn und will das Geld lieber in die Resozialisierung investieren.

Im Sommer 2007 geriet die JSA bundesweit in die Schlagzeilen. Sobald es dunkel wurde, warfen Kuriere Pakete und Beutel voller Drogen, Anabolika und Mobiltelefone über die Mauer. Die Fenster wurden daraufhin mit neuen Gittern versehen und zusätzlich ein fünf Meter hoher Innenzaun errichtet. Sabine Beikler

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