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Das Sportforum Berlin in Hohenschönhausen, aufgenommen am 30. Januar 2013, Olympia- und Bundesstützpunkt sowie Eliteschule des Sports.

© Kitty Kleist-Heinrich

Kostensteigerung am Olympia-Stützpunkt in Berlin: Baustelle am Sportforum: "Zustände wie in Katar"

Statt 6,9 Millionen wird das Sportforum 9,8 Millionen Euro kosten. Wenn das Abgeordnetenhaus zustimmt. Senat und Baufirma streiten über Arbeitsbedingungen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Auch wenn es in Berlin auf absehbare Zeit keine Olympischen Spiele gibt, bleibt das Sportforum in Hohenschönhausen als Olympiastützpunkt und Leistungszentrum für Bund und Land herausragend wichtig. Dort werden zurzeit Hallendächer saniert und die Statik der 1968 errichteten Gebäude verbessert. Aber schon wieder das alte Lied: Es wird alles teurer. Die Gesamtkosten steigen voraussichtlich von 6,9 Millionen Euro auf 9,8 Millionen Euro. Das sind 42 Prozent mehr als ursprünglich geplant.

Senatsbaudirektorin Regula Lüscher (SPD) und Sport-Staatssekretär Andreas Statzkowski (CDU) drängen nun die Haushälter des Abgeordnetenhauses, die zusätzlich benötigten Gelder so schnell wie möglich freizugeben. Ansonsten könnten die Trainingshallen in den Wintermonaten nur eingeschränkt genutzt oder müssten sogar gesperrt werden, steht in einer Vorlage des Senats an den Hauptausschuss des Parlaments. Außerdem bestehe die Gefahr, dass der Bund seine finanzielle Beteiligung an der Sanierung des Sportforums zurückzieht. Dann müsste das Land Berlin 3,4 Millionen Euro zurückzahlen.

Blei und Asbest - fast wie in der Staatsoper

Die Begründung für die höheren Kosten erinnern, wenn auch in kleinerem Maßstab, an die Probleme bei der Staatsoper. Erst während der Bauarbeiten traten Probleme auf, die angeblich nicht absehbar waren und die Sanierungsarbeiten verteuern. Außerdem streitet sich das zuständige Bauunternehmen mit der Stadtentwicklungsbehörde ums Geld. Denn während der Arbeiten wurden nicht nur Asbeststreifen in der Dachverkleidung gefunden, sondern die alte Farbbeschichtung erwies sich als bleihaltig.

Dies führte zwischen der Firma Fläminger Stahl- und Energieelementebau (FSE) und der Stadtentwicklungsverwaltung zu einem bösen Briefwechsel. Das Unternehmen sprach von „Zuständen wie in Katar“. Schon im Herbst 2014 hatte der Senat gedrängt, die Stahlbauarbeiten „noch vor den erforderlichen Reinigungsmaßnahmen“ fortzusetzen. Die Arbeitskräfte könnten ja mit Einweganzügen und Schweißmasken mit Filtern geschützt werden.

Die Bauleitung des Senats habe „in Absicht oder stiller Duldung in gesundheitsschädigenden Bereichen arbeiten lassen“, schrieb FSE und stellte 292.000 Euro für die Entsorgung schadstoffhaltiger Farbe und für die längere Aufstellung von Gerüsten in Rechnung. Die Verwaltung verwahrte sich gegen die „diffamierenden Äußerungen“, drohte mit rechtlichen Schritten und warf der Baufirma vor, „den Mehraufwand selbst verursacht“ zu haben.

Hauptposten: Gerüstbau, Dachsanierungen, verlängerte Bauzeit

Der größte Brocken bei den Mehrkosten ist aber mit 1,4 Millionen Euro die extrem aufwändige Einrüstung der Hallen. Geplant waren kleinteilige Gerüste, die je nach Baufortschritt umgesetzt werden sollten. Das erwies sich „mit Ausarbeitung der statischen Berechnungen“ als unrealistisch. Der gesamte Hallenraum musste mit starken Gerüsten versehen werden, die zeitweise die Dachkonstruktion tragen mussten. Für 139.000 Euro wurde zusätzlich Stahl verbaut, um die filigrane Dachkonstruktion auch für schwere Schneelasten zu ertüchtigen. Ansonsten droht die Schließung der drei sanierungsbedürftigen Großhallen während schneereicher Winter.

Die Beseitigung krebserregender Baustoffe kostet 305.000 Euro mehr und alle technischen Anlagen mussten demontiert und nach schrittweiser Sanierung der Dächer für zusätzlich 322.000 Euro wieder eingebaut werden. Die Verlängerung der Bauzeit schlägt mit 576.000 Euro zu Buche. Hinzu kommt ein Aufschlag für voraussichtliche Preissteigerungen um 120.000 Euro.

Im nächsten Jahr soll alles fertig sein. Doch erst einmal muss das Abgeordnetenhaus die Mehrkosten akzeptieren. Immerhin ist der Bund bereit, davon 300.000 Euro zu übernehmen. „Mal wieder wurde ein Bauvorhaben nicht sorgfältig vorbereitet“, kritisierte die Grünen-Haushaltsexpertin Clara Herrmann. Der Senat solle sich endlich an die Regel gewöhnen: Erst planen, dann bauen.

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