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Berlin: Krach im Treppenhaus

Onkel-Tom-Siedlung: Protest gegen Modernisierung

Für die Mieter Dixi-Klos vorm Haus? So hat sich Barbara Boroviczény eine „Reformsiedlung“ nicht vorgestellt. So aber könnte es kommen, wenn die Wohnungsgesellschaft Gehag im nächsten Jahr in der Onkel-Tom-Siedlung an der Argentinischen Allee in Zehlendorf umfangreiche Modernisierungen beginnt. Wenn sie die Versorgung von Erdgas auf Fernwärme umstellt. Dann müssten auch Leitungsstränge in Küchen und Bädern gelegt werden. Deshalb, fürchten Mieter, könnten schon im Frühjahr mobile Toilettenhäuschen vor den Häusern stehen.

Gegen die angekündigte Modernisierung, die nach Berechnungen des Berliner Mietervereins zu Mieterhöhungen von 32 Prozent führen dürfte, gibt es starken Protest. Hauptgeschäftsführer Hartmann Vetter spricht von einer„Modernisierung gegen Mieter“ in 438 Wohnungen. Gasetagenheizungen durch Fernwärmeversorgung zu ersetzen, „stellt in der Regel keine Wertverbesserung dar“. Zwei Initiativen haben sich in der Siedlung gegründet. Barbara Boroviczény von der „Interessengemeinschaft Onkel-Tom-Siedlung“ müsste beispielsweise einen Mietzuschlag von über 80 Euro zahlen. Viele Haushalte, in denen überwiegend ältere Menschen lebten, könnten das finanziell nicht verkraften, heißt es. Man brauche keine neue Heizungen oder Bäder, Küchen und Gegensprechanlagen. Es reiche völlig aus, wenn die Gehag Treppenhäuser streiche oder sich um undichte Fenster kümmere.

Die Gehag will sich zu der Kritik öffentlich nicht äußern. Dies werde „zu gegebenem Zeitpunkt“ geschehen, teilte das Unternehmen am Montag mit. Den Mietern der Siedlung, die Mitte August eine Ankündigung erhalten hatten, schrieb die Gesellschaft vor wenigen Tagen, die von ihr seit langem geplante Modernisierung „operativ umzusetzen“. Daran werde man festhalten und daran könnten auch „Resolutionen der Bezirksverordneten-Versammlung nichts ändern.“

Die Gehag versprach, „auf Sorgen, Probleme und die persönliche Ausgangssituation jedes Mieters konkret einzugehen.“ Es gibt Hausbesuche, bei denen Gehag-Vertreter nach Ansicht von Mietern „konziliante Angebote“ machen, etwa bei der Höhe der möglichen Zuschüsse oder bei der Anrechnung von privaten Investitionen. Aber das mildert kaum die Sorge in der Siedlung, die Miete bald nicht mehr zahlen zu können.

Die Wohnungen müssten „aufgrund gestiegenerAnforderungen an Ausstattung und Komfort“ für 2,6 Millionen Euro instand gesetzt und modernisiert werden, hatte die Gehag mitgeteilt. Nur Investitionen, die den Wohnwert dauerhaft verbesserten und Energie einsparten, werde man auf die Miete umlegen. Für den Berliner Mieterverein zeigen sich nun die „negativen Konsequenzen“ aus der Gehag-Privatisierung. Die einst kommunale Gesellschaft war vom Senat 1998 verkauft, dann mehrfach weiter veräußert worden. Zuletzt hatte die HSH Nordbank die Mehrheit an das Investmenthaus Oaktree Capital verkauft. Die Siedlung war in den zwanziger Jahren nach Plänen von Bruno Taut errichtet worden: als bezahlbare, grüne, luftige Alternative zu grauen Mietskasernen.

Christian van Lessen

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