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Über Affären gestürzt. Ex-Minister Rainer Speer. Foto: Bachmann/dpa

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Berlin: Krampnitz-Affäre: Speers Stunde

Der Ex-Minister und ehemalige Platzeck-Vertraute wird vom Untersuchungsausschuss befragt.

Potsdam - Showdown in Brandenburgs Krampnitz-Affäre, die in den Schatten des BER-Fiaskos geriet: Bevor Rainer Speer über private Verfehlungen um ein uneheliches Kind und nicht gezahlten Unterhalt stürzte, war er der zweitmächtigste Mann im Lande Brandenburg. An diesem Dienstag nun wird der 52-jährige SPD-Mann, einst engster Vertrauter von Ministerpräsident Matthias Platzeck, ehemals Staatskanzleichef, Finanz- und zuletzt Innenminister, als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Landtages zur Krampnitz-Affäre um verschleudertes Landesvermögen vernommen. Dabei kommt es zu einer spannenden Konstellation. Zum ersten Mal wird die Opposition, nämlich CDU-Obmann Dierk Homeyer als Vize, diese 25. Sitzung des Ausschusses leiten, die letzte des Jahres und die bislang wichtigste überhaupt. Homeyer, Speers Verfolger.

Der reguläre Ausschussvorsitzende Sören Kosanke (SPD), auch Chef der SPD in Potsdam-Mittelmark, ist plötzlich erkrankt. Das löst prompt Spekulationen aus. Speer hat alle strafrechtlichen Überprüfungen überstanden, ob um Unterhalt oder Krampnitz. Gegen Kosanke aber ermittelt die Potsdamer Staatsanwaltschaft nach wie vor wegen Wahlbetrugs bei der Kommunalwahl 2008 um einen fingierten Hauptwohnsitz.

Homeyer, der nun ran darf, hält sich bedeckt: „ Herr Speer kann viel zur Aufklärung beitragen.“ Er ist der Abgeordnete im brandenburgischen Landtag, der die größten Erfahrungen mit Untersuchungsausschüssen hat, bei fast allen war er dabei. Er kennt die Tricks und Raffinessen, wie sich Zeugen herauswinden oder Erinnerungslücken haben, egal, ob es um den Flughafen, die gescheiterte Chipfabrik in Frankfurt (Oder) oder die Bodenreform-Affäre ging. Auch diesmal hat er sich hineingekniet in all die Details, um die Verschleuderung von Landesvermögen beim Verkauf der 112 Hektar großen Krampnitz–Kaserne im  Norden Potsdams im Jahr 2007 unter Speer zu einem Spottpreis von knapp fünf Millionen Euro aufzuklären – und bei dem vorherigen Verkauf der landeseigenen Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG) an den Lausitzer Unternehmer Frank Marczinek im Jahr 2006 für ganze 635 000 Euro. Und dies für eine Firma, die seitdem Aufträge vom Land über mehr als 20 Millionen Euro erhielt.

Marczinek war im Vorstand des Potsdamer Drittliga-Fußballvereins Babelsberg 03, unter Präsident Speer. Marczinek war es, der die Krampnitz-Kaserne verkaufte, angeblich an den  dänischen Immobilien-Tycoon Thylander – so informierte Speer damals den Landtag. Nur, im Zuge der 2010 aufgeflogenen Affäre hatte sich herausgestellt, dass nicht Thylander der Käufer war, sondern eine dubiose Figur. Was Marczinek oder Unternehmensberater Thilo Steinbach, ebenfalls ein Freund Speers, ebenfalls im Vorstand von Babelsberg 03, gewusst haben müssen. Um die Frage, was Speer wusste, wird es wieder gehen.

Homeyer muss sich als amtierender Ausschusschef zwar zurückhalten, darf aber fragen wie alle anderen auch. Anders als heutige Obmänner von SPD und Linken hatte er in Untersuchungsausschüssen zu Zeiten der SPD/CDU-Koalition auch damals bissig nachgebohrt, obwohl er zur „Regierung“ gehörte – was in der Union nicht goutiert wurde. Aber es ging eben um Schaden für das Land. Genau den haben SPD und Linke beim Verkauf der Krampnitz-Kaserne und der BBG bislang stets bestritten, weil Ministerpräsident Platzeck einen Schaden kurz vor dem Sturz von Speer voreilig ausschloss. Die Aussage korrigierte Platzeck bisher nicht. SPD und Linke ließen sich nicht einmal vom Gutachten der Staatsanwaltschaft Potsdam beeindrucken, wonach die vom Land unter Speer für fünf Millionen Euro verkaufte große Krampnitz-Kaserne im Norden Potsdams damals zehn Millionen Euro wert war und das Land dafür heute, wo im boomenden Potsdam Bauland knapp wird, Mieten explodieren, knapp 29 Millionen Euro kassieren könnte.

Aber da ist eben noch Rainer Speer selbst. Gerade kam er von einem mehrmonatigem Einsatz als ehrenamtlicher Entwicklungshelfer in Afrika zurück. Es dürfte kaum einen über Affären gestürzten Politiker geben, der vor ihm überhaupt so etwas tat, vielleicht auch zur Läuterung, zur Selbstbesinnung. Und womöglich macht Rainer Speer im Krampnitz-Untersuchungsausschuss einfach reinen Tisch. Er wäre durchaus der Typ dafür.Thorsten Metzner

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