zum Hauptinhalt

Berlin: Krampnitz-Affäre: Staatsanwaltschaft ermittelt Anklagebehörde sieht Untreueverdacht wegen Verkaufs der Landesimmobilie unter Wert

Potsdam - Die Krampnitz-Affäre hat ein juristisches Nachspiel. Den Beteiligten am dubiosen Schnäppchenverkauf des Kasernengeländes im Norden Potsdams, mit dem Brandenburg offenbar ein Millionenschaden entstand, drohen strafrechtliche Konsequenzen.

Potsdam - Die Krampnitz-Affäre hat ein juristisches Nachspiel. Den Beteiligten am dubiosen Schnäppchenverkauf des Kasernengeländes im Norden Potsdams, mit dem Brandenburg offenbar ein Millionenschaden entstand, drohen strafrechtliche Konsequenzen. Nach Tagesspiegel-Informationen wird die Potsdamer Staatsanwaltschaft in Kürze ein offizielles Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue zum Nachteil des Landes einleiten. „Der Anfangsverdacht einer Straftat liegt vor“, heißt es in Justizkreisen. Die Ermittler haben genügend Anhaltspunkte für den Vorwurf gefunden, dass die Immobilie im Jahr 2007 pflichtwidrig unter Verkehrswert verkauft wurde. Politisch verantwortlich für das Geschäft war als damals zuständiger Finanzressortchef der brandenburgische Ex-Innenminister Rainer Speer (SPD), der jüngst wegen einer Unterhaltsaffäre zurücktrat.

Bevor jetzt die Vorentscheidung zur Aufnahme von Ermittlungen fiel, hatte die Anklagebehörde die Krampnitz-Akten aus dem Finanzministerium vier Monate lang intensiv geprüft und zuletzt noch weitere Unterlagen aus dem Potsdamer Rathaus angefordert. Die Ermittlungen werden „gegen unbekannt“ aufgenommen. Ins direkte Visier geraten nach Tagesspiegel-Recherchen zwangsläufig die unmittelbar Beteiligten: Das ist zum einen die nach wie vor gegen Millionenhonorar als Treuhänder für das Land tätige private Brandenburgische Bodengesellschaft (BBG) des schillernden Geschäftsmanns Frank Marczinek. Sie veräußert die früheren Militärflächen im Landesauftrag und fädelte auch diesen Verkauf ein. Die BBG war in den Kaufverträgen der Verkäufer, handelte die Klauseln aus und unterschrieb.

Zum anderen ist es die schon oft in Affären verstrickte Liegenschaftsabteilung des Finanzministeriums. Im Zusammenspiel von BBG und Finanzministerium war die 112 Hektar große Landes-Liegenschaft in Krampnitz im Sommer 2007 für 4,1 Millionen Euro an ein dubioses Firmengeflecht veräußert worden. Dass sich hinter der „TG Potsdam“ statt der seriösen dänischen Thylander-Gruppe der Hannoveraner Anwalt Ingolf Böx verbarg, flog erst drei Jahre später, nämlich im Sommer 2010 mit der Krampnitz-Affäre auf. Dem Landtag hatte Speer mitgeteilt, dass Thylander die Immobilie kaufe. Auf dieser Basis stimmte der Finanzausschuss zu.

Vor wenigen Wochen hatte bereits ein Prüfbericht des Landesrechnungshofes schwere Verstöße der BBG und des Finanzministeriums beim Verkauf der Krampnitzer Kaserne gerügt, Abweichungen von sonst üblichen Musterkaufverträgen festgestellt und die Höhe des möglichen Schadens für das Land auf rund zehn Millionen Euro geschätzt.

Strafrechtlich am brisantesten und wichtiger Ansatzpunkt eines möglichen Untreue-Tatbestands ist der Umstand, dass es beim Verkauf an die Böx-Firma keine aktuelle, angepasste und seriöse Wertermittlung gab, womit gegen Treuhänderpflichten und Landesvorschriften verstoßen worden sei, hieß es. BBG und Finanzministerium verwendeten stattdessen ein überholtes Verkehrswertgutachten, das ein Jahr zuvor für einen anderen Interessenten mit völlig anderen Nutzungsplänen für das Areal erstellt worden war – einen Fußballpark. Wegen des hohen Grünanteils kam das alte Gutachten auf einen Wert von 3,9 Millionen Euro, wobei der Sachverständige ausführte: „Die Bewertung … stellt auf die Umsetzung des Konzepts der SCC Soccer Culture Club GmbH ab. Bei veränderten Entwicklungsansätzen könnten sich auch die Wertermittlungsansätze verändern.“

Und genau das geschah. Lukrativere Wohnbebauung, die vorher eine „untergeordnete Rolle“ spielte, hatte im von Böx eingereichten „Thylander-Angebot“ für den „Country Club Krampnitz“ hohen Stellenwert. Trotzdem gab niemand ein neues Verkehrswertgutachten in Auftrag – Ansatz für den Untreueverdacht der Ermittler.

Im Zuge ihrer Aktenprüfungen nahm die Potsdamer Anklagebehörde – im Unterschied zum Rechnungshof – erstmals auch die Privatisierung der BBG an Marczinek unter die Lupe. Diese ist wegen der dem Parlament verheimlichten Konditionen – ein Kaufpreis von 635 000 Euro für eine Firma mit 3,2 Millionen in den Kassen – ebenso ins Zwielicht geraten. Anders als in der Krampnitz-Akte fanden die Ermittler hier aber keine Ansatzpunkte für mögliches kriminelles Handeln. Neben der Klärung durch die Strafjustiz versucht derzeit auch ein Untersuchungsausschuss des Landtages, Krampnitz, BBG und weitere Vermögensgeschäfte des Landes aufzuklären. Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) ist von seiner frühen Festlegung, bei den Verkäufen der Krampnitz-Kaserne und der BBG „keinen Schaden“ für Brandenburg zu erkennen, bislang nicht abgerückt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false