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Kreuzberg: Roma-Familien besetzen Kirche in der Wrangelstraße

Weil Sie auf die Situation der Sinti und Roma in Berlin und Europa aufmerksam machen wollen, besetzten Familien und Bewohner des Bethanien die Sankt Marien-Liebfrauen Kirche in Kreuzberg.

Die Romafamilien haben Donnerstagmittag die Räume des ehemaligen Krankenhauses Bethanien in Kreuzberg geräumt und einige Straßenzüge weiter die St. Marien-Liebfrauen-Kirche besetzt. Pfarrer Olaf Pollosek wurde von der Ankunft der großen Romagruppe mit etlichen Kindern völlig überrumpelt. Er sei nicht gerade erfreut über die seiner Schätzung nach etwa 50 Gäste, sagte er dem Tagesspiegel. Räumen werde man das Gotteshaus jedoch nicht. Pollosek und seine Mitarbeiter wollen in den Abendstunden versuchen, eine gütliche Einigung mit den Vertretern der Roma und den linken Unterstützern zu erzielen – „Kirchenbänke sind schließlich kein Ort zum Übernachten“. Ein Runder Tisch mit professionellen Mediatoren und Vertretern von Senat und Bezirk soll nun in der Kirche helfen.

Die Familien hatten zunächst im Görlitzer Park campiert und waren vor über einer Woche ins Bethanien-Haus gezogen, nachdem ehemalige Hausbesetzer der Initiative „New Yorck“ sie eingeladen hatten, vorerst im Erdgeschoss zu wohnen. Die Zahl der Roma im Bethanien stieg in wenigen Tagen von 50 auf knapp 90 Menschen. Weil die Räumlichkeiten der Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE) ab Anfang Juni für eine Kita vorgesehen sind, haben Vertreter der Senats- und Bezirksverwaltung unter anderem versucht, die Familien vorübergehend in einem Wohnheim in Spandau unterzubringen. Die Roma lehnen bislang jedoch kurzfristig angelegte Unterbringungsmöglichkeiten ab. Am Mittwoch hatte die GSE daraufhin Strafanzeige bei der Polizei gestellt, wegen Hausfriedensbruch und der widerrechtlichen Besetzung der Räume.

Die linken Unterstützer der Roma wollen aus Protest über den Umgang mit den aus Rumänien stammenden Familien ebenfalls in der Kreuzberger Kirche übernachten. In einem Schreiben macht die Initiative auf die prekäre Situation der Sinti und Roma in ihren Heimatländern aufmerksam. Dem Senat und Bezirk wirft sie vor, dass eine politische Lösung „gescheitert“ sei. Sie beklagt, dass das von der Politik „zuvor gemachte Angebot an die Roma, unbürokratisch Wohnungen zur Verfügung zu stellen“, zurückgezogen worden sei. Doch offenbar handelt es sich dabei um ein Missverständnis: Franz Allert vom Landesamt für Soziales sagt, dass es immer nur um eine kurzfristige Unterbringung in Einrichtungen der Stadt gegangen sei, die „zum Teil wohnungsartig sind“.

Ferda Ataman

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