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Widerstand: Die Zwangsräumung der Kreuzberger Familie scheiterte am Protest der Anwohner.

© Christian Mang

Kreuzberg: Zwangsräumung durch Nachbarn verhindert

Nachbarn verhinderten mit einer Sitzblockade die Zwangsräumung der Wohnung einer Kreuzberger Familie. Nun will die Gerichtsvollzieherin mit der Polizei anrücken.

Die linke Szene feiert eine verhinderte Zwangsräumung in Kreuzberg wie einen Sieg. Am Montag früh ist es etwa 150 Menschen gelungen, mit Sitzblockaden eine Gerichtsvollzieherin zum Rückzug zu bewegen. „Mieterhöhung, Zwangsumzug – davon haben wir genug“, skandierten sie und hielten Transparente in die Höhe. Familie G., der die Unterstützung galt, kann in ihrer Wohnung an der Lausitzer Straße bleiben – vermutlich bis Dezember. Dann will die Gerichtsvollzieherin wieder kommen – mit Unterstützung der Polizei. Die fünfköpfige Familie hat in letzter Instanz den Streit mit dem Vermieter verloren. Auf linksautonomen Internetseiten wird ausführlich über das Schicksal der Familie und den angeblich „gierigen“ Vermieter berichtet.

Die Gerichtsvollzieherin hatte die Räumung offensichtlich unterschätzt und nicht die Polizei dazugeholt. Die Szene hatte in Kenntnis dieses Termins ein „Kiezfrühstück“ im „Stadtteilzentrum Kreuzberg“ organisiert, das sich im selben Haus befindet. Schon nach Minuten gab die Gerichtsvollzieherin am Montag auf und informierte die Polizei über ihren Fehlschlag. Da die Mobilisierung der Szene mittlerweile recht groß ist, dürfte der nächste Einsatz umfangreich werden, hieß es im Präsidium.

Nach der verhinderten Räumung zogen 30 Sympathisanten nach Wilmersdorf und randalierten nach Polizeiangaben im Büro des Vermieters. Von mehreren Demonstranten wurden die Personalien aufgenommen, ermittelt wird wegen Sachbeschädigung und Diebstahls. Am Abend demonstrierten 180 Personen im Kiez am Lausitzer Platz gegen Mietsteigerungen und gegen Hauseigentümer.

Familie G., deren Wohnung geräumt werden sollte, klagte jahrelang gegen eine Mieterhöhung. Die Familie verlor den Prozess und zahlte den ausstehenden Betrag nicht fristgerecht. Daraufhin folgte die Kündigung, gegen die Familie G erfolglos klagte. Nun muss die Polizei sie durchsetzen.

Bislang waren es überwiegend Räumungen von linken Hausprojekten wie in der Yorckstraße, der Brunnenstraße oder der Liebigstraße, die von zahlreichen Hundertschaften durchgesetzt worden sind. Sollte das Beispiel Schule machen, dass Nachbarn sich stärker solidarisieren, steht der Polizei zusätzliche Arbeit bevor. In der Lausitzer Straße stieß die Aktion jedenfalls auf Wohlwollen. „Ich finde es toll, dass die Leute sich helfen“, sagt Oskar Albrecht, der in der Straße einen Computerladen besitzt. Familienvater Ali G. bedankte sich für die Solidarität. Wenn er voraussichtlich im Dezember wirklich geräumt wird, will er mit seiner Familie zu seinen Eltern ziehen. Die wohnen im selben Haus. Ha/fiem

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