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Berlin: Krieg der Clans: Wichtiger Zeuge lebensgefährlich verletzt 33-jähriger Libanese will sich mit Maschinenpistole selbst in die Brust geschossen haben

Ein lebensgefährlich verwundeter Libanese liegt in einer Wilmersdorfer Wohnung, außerdem finden Polizei und Notarzt am Sonntag um 4 Uhr früh dort eine Maschinenpistole und eine größere Menge Munition. Hieße das Opfer nicht Issam Al-Z.

Ein lebensgefährlich verwundeter Libanese liegt in einer Wilmersdorfer Wohnung, außerdem finden Polizei und Notarzt am Sonntag um 4 Uhr früh dort eine Maschinenpistole und eine größere Menge Munition. Hieße das Opfer nicht Issam Al-Z., würde die Polizei die Version des schwer Verwundeten möglicherweise glauben, dass er sich mit einer „gefundenen“ MP selbst aus Versehen in den Oberkörper geschossen habe.

Doch die Polizei kennt Issam Al-Z. zu gut – und die seit Jahren andauernden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Großfamilie Al-Z. und dem konkurrierenden libanesisch-kurdischen Clan Ali-K. in Berlin. Die Spurensicherung nahm am Sonntag akribisch Fingerabdrücke in der Wohnung – auch an der unversehrten Wohnungstür. Die Ermittlungen führt das Landeskriminalamt – Abteilung organisierte Kriminalität.

So war der 33-jährige Issam Al-Z. am Karfreitag diesen Jahres bei dem blutigen Streit in der Rudower Disco „Jungle“ dabei, bei dem Issams Freund Y. mit einem Messer lebensgefährlich verletzt wurde. Zwei Brüder des feindlichen Clans stehen deshalb gerade vor Gericht. Einer der beiden soll eine Woche nach dem Disco-Streit den SEK-Beamten Roland Krüger erschossen haben. Und zwar, wie der Angeklagte vor Gericht behauptet, aus Notwehr: Er habe einen Angriff der verfeindeten Familie Al-Z. befürchtet.

„Mit einer Maschinenpistole kann man sich nicht selbst erschießen“, hieß es gestern lapidar bei der Polizei. Bezweifelt wird deshalb die Darstellung des Opfers, „beim Hantieren habe sich der Schuss gelöst“. „Das LKA überprüft diese Angaben“, ist die einzige offizielle Auskunft zu diesem mysteriösen Fall. Von einer anderen Waffe gibt es keine Spur.

Nach einer Notoperation im Benjamin-Franklin-Klinikum ist der Libanese nicht vernehmungsfähig. Die Nachbarn im Neubau Wilhelmsaue 21 haben nichts gehört von dem nächtlichen Schuss. Laut seien lediglich die Kinder der Familie gewesen, sagte eine Mieterin. Vor Wochen habe die Frau des 33-Jährigen Drillinge bekommen, nun seien es sechs Kinder in der 70-Quadratmeter-Wohnung. Sie alle waren in der Wohnung, als der Schuss fiel.

Etwa zwei Dutzend Schießereien im libanesisch-kurdischen Milieu zählten die Ermittler seit 1990, häufig vor oder in Diskotheken. Täter und Opfer geben bei der Polizei meist persönliche Motive oder sogar Blutrache zu Protokoll – um die Wahrheit zu vertuschen: Streit um Rotlicht- und Drogengeschäfte. Kopf der kurdischen Familie des 33-jährigen Issam ist Mahmoud Al-Z. der so genannte „Präsident“. Seit Monaten streitet Innenminister Otto Schily mit der Türkei um die Abschiebung der bekannten Unterweltgröße. Wie berichtet, bislang vergeblich.

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