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Kriminalitätsbekämpfung: Alarm um Terroralarm

Polizeichef und Senat weisen den Vorwurf zurück, derzeit fehlten Beamte für normale Kriminalitätsbekämpfung. Die Berliner Gewerkschaft der Polizei weist schon seit Jahren auf Stellenabbau hin: "Wir haben immer vor Personalnot in Großlagen wie dieser gewarnt."

Der Innensenator ist verärgert, der Polizeipräsident wird sarkastisch. „Es zeugt von einem bemerkenswerten Verständnis von Verantwortung, wenn in der aktuellen Situation Brandstifter von Politikern oder Gewerkschaftsfunktionären öffentlich darauf hingewiesen werden, wo und wann sie angeblich nicht mit polizeilichen Maßnahmen rechnen müssen“, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch. Er bezieht sich auf Äußerungen von Klaus Eisenreich, dem Berliner Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), wonach es zu wenig Polizisten in der Stadt gebe und wegen der Terrorgefahr viele Brandstreifen eingestellt werden müssten. Auch die CDU sprach von Personalmangel bei der Berliner Polizei.

Als Brandstreifen sind meist zivile Fahnder unterwegs, die etwa in Kreuzberg Zündeleien an Autos verhindern sollen und zuletzt auch in Hellersdorf eingesetzt worden sind: Dort wurde seit März mehr als 70 Mal Feuer gelegt. Weil Gewerkschafter Eisenreich möglicherweise kundgetan hat, wo mit Einsatzkräften zu rechnen sei und wo nicht, munkelten einige, es könne sich um Verrat von Dienstgeheimnissen handeln. Doch unter Juristen ist schon umstritten, ab wann eine interne Information ein Dienstgeheimnis ist, zumal Eisenreichs Aussage zu vage gewesen und deshalb rechtlich nicht relevant sei. Aus dem Landeskriminalamt heißt es, der GdP-Mann sei kein Geheimnisträger. Das sieht Eisenreich genauso: „Ich bin bei der Gewerkschaft der Polizei beschäftigt und vertrete die Interessen unserer Kollegen, nicht die des Innensenators“, sagte Eisenreich dem Tagesspiegel. Folglich könne er keine Dienstgeheimnisse verraten. Außerdem weise die Gewerkschaft schon seit Jahren auf Stellenabbau bei der Polizei hin. „Wir haben immer vor Personalnot in Großlagen wie dieser gewarnt.“

Aus dem Polizeipräsidium wird dem widersprochen. Selbstverständlich führe man die Kriminalitätsbekämpfung sowohl in Hellersdorf als auch in Kreuzberg „trotz erhöhter Arbeitsbelastung“ der Lage angemessen fort, also auch in Zeiten von Terrorwarnungen. Das bezweifelt die GdP: In Berlin fehlten 4000 Polizisten. „Die Berliner Sicherheitsorgane haben für die Bewältigung von Terrorlagen über einen längeren Zeitraum keine Reserven und sind damit mittelfristig personell überfordert“, erklärte Eisenreichs Chef, der GdP-Landesvorsitzende Michael Purper. Er reagierte damit auf Innensenator Ehrhart Körting (SPD), der sich am Donnerstag im Abgeordnetenhaus über die Aussage des GdP-Sprechers „fassungslos“ gezeigt hatte. Der Senator nannte Eisenreichs Statement verantwortungslos – dieser leiste damit der Kriminalität Vorschub.

Derzeit gibt es knapp 16.200 Vollzeitstellen bei der Berliner Polizei. Nach Gewerkschaftsangaben sind davon fast 400 unbesetzt, weitere 1000 Beamte stünden krankheitsbedingt nur für wenige Aufgaben zur Verfügung. Vor zehn Jahren gab es 20.000 Polizisten.

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