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Kriminalstatistik: Viele Schwarzfahrer blieben ungezählt

Zahlen können täuschen. Auch bei der Berliner Kriminalstatistik muss man genauer hinschauen. Dass im Jahr 2010 überraschend wenig Schwarzfahrer angezeigt wurden liegt beispielsweise daran, dass die BVG ein Datenproblem hat.

Erneut ist im vergangenen Jahr die Kriminalität in Berlin in den meisten Deliktfeldern zurückgegangen. Die überraschend niedrige Zahl von ertappten Schwarzfahrern geht allerdings nicht auf die zunehmende Ehrlichkeit der Fahrgäste zurück, sondern beruht auf einem Computerproblem der BVG. Wurden im Jahr 2009 noch 14 394 Schwarzfahrer angezeigt, waren es 6654 im Jahr 2010, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz am Freitag. Als Grund nannte sie eine „Systemumstellung“ der EDV. Sie bestätigte damit Angaben der Polizei, dass die BVG im vergangenen Jahr „technische Probleme bei der Datenverarbeitung“ hatte. Ein Teil der nicht gestellten Anzeigen solle in diesem Jahr nachgeholt werden, kündigte Reetz an.

Wie berichtet, ist die von der Polizei registrierte Kriminalität um 2,5 Prozent gesunken, wie es in der neuesten Statistik heißt. Damit liegt Berlin im Bundestrend. Die Polizeigewerkschaft GdP erwartet in diesem Jahr einen Rückgang um drei Prozent. Offizielle Zahlen vom Bundeskriminalamt liegen noch nicht vor.

Für den Rückgang der Straftaten werden unterschiedliche Gründe genannt: Die sinkende Zahl der Jugendgewalttaten sei mit der demografischen Entwicklung (der Anteil der Jugendlichen nimmt ab), aber auch durch das harte Durchgreifen gegen Intensivtäter zu erklären, sagen Fachleute. „Die Verurteilung der Anführer hat oftmals ganze Banden ausgeschaltet“, heißt es im Präsidium.  Die Zahlen zeigen, dass diese Konzentration auf Serientäter sinnvoll ist: Die 860 bei der Polizei registrierten Intensivtäter begingen 18,2 Prozent aller (aufgeklärten) Taten. Im Vorjahr lag die Quote mit 20,1 Prozent noch höher. Von diesen 860 Tätern haben laut Polizei 70 Prozent einen Migrationshintergrund.

Fachleute lesen aber auch erschreckende Entwicklungen aus der Statistik heraus – dass zum Beispiel die Schläger immer jünger werden. Bei den gefährlichen Körperverletzungen ging die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 um mehr als zehn Prozent zurück auf 1820. Strafunmündige Kinder wurden bei diesem Delikt doppelt so häufig auffällig, die Zahl der Täter stieg von 383 auf 760. Der CDU-Innenpolitiker Peter Trapp macht wie die Polizeigewerkschaften auch den Personalrückgang für die sinkenden Fallzahlen verantwortlich. Seit 2002 wurden bei der Polizei 1136 Stellen abgebaut, das sind über ein Jahr gerechnet mehr als zwei Millionen Arbeitsstunden. „Je weniger Polizei auf der Straße, desto weniger wird festgestellt“, sagt Trapp.

Mehrere signifikante Veränderungen in der PKS hängen mit einer veränderten statistischen Erfassung zusammen. Der mit plus 17 Prozent angegebene starke Anstieg von Kindesmisshandlungen ist darauf zurückzuführen, dass seit 2010 jedes in einer Familie geschlagene Kind als Einzelfall gezählt wird. Zudem werde weniger weggeschaut als früher. Andere Taten werden schärfer juristisch verfolgt. So gilt etwa das Werfen eines Brandsatzes auf Polizisten neuerdings als Mordversuch. Die Zahl der tatsächlich getöteten oder ermordeten Personen ist seit Jahren deutlich rückläufig. 2007 waren es 66, 2010 nur noch 34. „Berlin ist sicherer geworden“, werden Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und Polizeipräsident Dieter Glietsch am Montag bei der offiziellen Vorstellung der PKS sagen können.

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