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Nichts bleibt im Dunkeln. Die Vergabe des Berliner Stromnetzes wird auch deshalb genau beobachtet, weil es die bundesweit größte ist.

© dpa

Kritik am Ausschreibungsverfahren für Energienetze: Stromnetz-Genossenschaft droht Nußbaum mit dem Anwalt

Die Finanzverwaltung diskriminiert die Konkurrenten von Vattenfall bei der Bewerbung ums Stromnetz - findet ein Konkurrent. Er hat das Bundeskartellamt alarmiert. Ein Rechtsstreit würde teuer für Berlin.

Über die Neuvergabe des Stromnetzbetriebes in der Hauptstadt ist noch längst nicht entschieden, aber Ärger darum gibt es schon jetzt. Die Genossenschaft Bürger-Energie Berlin (BEB) hat dem Bundeskartellamt einen Brief samt 46-seitiger Stellungnahme geschrieben, in dem sie diskriminierende Vorgaben beim laufenden Vergabeverfahren beklagt und einen Rechtsstreit in Aussicht stellt, sofern die Kriterien nicht geändert werden. Kopien gingen nach Auskunft von BEB-Vorstand Luise Neumann-Cosel an die verantwortliche Senatsverwaltung für Finanzen und an Koalitionspolitiker.

Die Genossenschaft BEB bewirbt sich neben Vattenfall, dem niederländischen Konzern Alliander und der Thüga darum, das Berliner Stromnetz ab 2015 gemeinsam mit dem Land zu betreiben – sofern nicht Vattenfall, Alliander oder das Land allein zum Zuge kommen. Zwar stehen Details der Ausschreibung noch aus, aber aus Sicht der BEB dürfte sie der fürs Gasnetz ähneln, die schon weiter vorangeschritten ist. Die sei für eine Kleinstadt geeignet, aber nicht für Berlin, schreiben die Kritiker. Im Kern werfen sie der Finanzverwaltung vor, von künftigen Netzbetreibern den Aufbau von Strukturen und Ressourcen zu fordern, die sie von Vattenfall ohnehin bekämen. Denn dessen Stromnetztochter unterhält bereits eine Netzleitwarte und einen Service mit mehr als 1000 Mitarbeitern, die im Wesentlichen übernommen werden könnten oder sogar müssten, damit die Stromversorgung bei einem Betreiberwechsel nicht zusammenbricht. „Wir haben keinen Zweifel, dass (…) das Verfahren einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten kann“, resümiert die Genossenschaft, deren Aufsichtsratschef der renommierte Anwalt Hartmut Gaßner ist.

Nach Auskunft von Neumann-Cosel haben die Adressaten noch nicht reagiert. Sollte das Bundeskartellamt die Bedenken teilen, geriete die Finanzverwaltung unter Druck. Denn es gilt als sicher, dass ein unterlegener Bewerber gegen die Vergabeentscheidung klagen würde, wenn er einen Ansatzpunkt dafür sieht. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) müsste sich dann vorwerfen lassen, Berlin sehenden Auges in einen teuren Rechtsstreit manövriert zu haben. Hinzu können Folgekosten kommen, falls sich die Neuvergabe dadurch verzögert. Die Finanzverwaltung beziffert dieses Risiko beim Stromnetz auf rund 150 Millionen Euro pro Jahr.

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