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Berlin: Kronzeugenaussage: Tarek Mousli sagte gegen seine Mitstreiter der Revolutionären Zellen aus, nun ist er ein freier Mann

Die Lebensbeichte des Karatelehrers hat sich offenbar ausgezahlt. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist der Kronzeuge Tarek Mousli bei den Ermittlungen gegen die Revolutionären Zellen (RZ) Ende April aus dem Gefängnis entlassen worden.

Die Lebensbeichte des Karatelehrers hat sich offenbar ausgezahlt. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist der Kronzeuge Tarek Mousli bei den Ermittlungen gegen die Revolutionären Zellen (RZ) Ende April aus dem Gefängnis entlassen worden. Derweil sitzen vier seiner früheren mutmaßlichen Mitstreiter weiter in Untersuchungshaft. "Wir rechnen im Herbst mit einer Anklageerhebung", sagt Verteidigerin Silke Studzinsky, die einen der Beschuldigten vertritt.

Nachdem Mousli, der 41-jährige Kampfsportlehrer und mutmaßliche RZ-Aktivist, am 23. November 1999 festgenommen worden war, diente er sich nach kurzem Zögern der Bundesanwaltschaft als Kronzeuge an. Noch im Dezember verhafteten die Ermittler dann fünf weitere Männer und eine Frau, die sie als frühere Aktivisten der RZ verdächtigen. Die Festnahmen zogen sich bis in diesen Sommer hinein - zuletzt wurde im April ein hochrangiger Angestellter der Technischen Universität und im Mai ein ausgewandeter Berliner in Kanada festgenommen.

Die Mitglieder der RZ, vom Verfassungsschutz als "Feierabendterroristen" eingestuft, sollen seit 1973 mindestens 186 Brand- , Sprengstoff- und andere Anschläge verübt haben. Den Beschuldigten wird nun vorgeworfen, sich in den 80er Jahren als Mitglieder einer Berliner Gruppe der RZ unter anderem an gewalttätigen Aktionen gegen die deutsche Asylpolitik beteiligt haben. Fast alle sollen ferner bei den Attentaten auf Harald Hollenberg - damals Leiter der Berliner Ausländerbehörde - und Günter Korbmacher - Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht - beteiligt gewesen sein: Beiden Männern wurde Mitte der 80er Jahre in die Beine geschossen.

Mouslis Aussage brachte Bewegung in die Ermittlungen: Am 19. Dezember 1999 stürmten die GSG 9 und Sondereinheiten der Polizei den Kreuzberger Mehringhof. Bei der spektakulären Großrazzia durchkämmten die Fahnder das Gebäude auf der Suche nach einem angeblichen Waffendepot der RZ - nichts. Ende Mai durchsuchte die Bundesanwaltschaft noch einmal den Mehringhof. Diesmal dirigierte der Kronzeuge die Beamten live per Videoschaltung - eine Novität in der Geschichte des BKA. Waffen fanden die Ermittler auch diesmal nicht.

Die Freilassung des Kronzeugen deutet die Verteidigerin nun eher als positives Zeichen für ihren Mandanten. "Das bedeutet doch, dass die Straferwartung selbst bei dem mutmaßlichen Rädelsführer Mousli nicht so hoch angesetzt ist", sagt Studzinzky. Deshalb erwarte sie, dass auch die übrigen Beschuldigten trotz ihrer Aussageverweigerung von der Haft verschont werden.

Bei der Bundesanwaltschaft hält man sich derweil bedeckt. Offen ist nach den Angaben der Behörden-Sprecherin Eva Schübel, ob es zu einem Verfahren mit Mousli als Kronzeugen und Angeklagtem oder zwei Prozessen kommen wird. Äußern will sich die Sprecherin auch nicht zu der Frage, weshalb man Mousli vor Anklageerhebung von der Haft verschont hat. "Das ist die Sache der Richter", sagt Schübel.

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