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Berlin: Krumme Paket-Touren

Postbote half Versandhausbetrügern – und gestand vor Gericht

Erst waren es nette Worte, dann Einladungen zu einem Tässchen Kaffee. Der junge Postbote ließ sich umgarnen, wurde ein Freund und schließlich Komplize der beiden jugoslawischen „Stammkunden“. Der 22-jährige David B. soll in seinem Zustellbezirk in Neukölln Waren abgefangen haben, die von dem Pärchen unter falschen n bei verschiedenen Versandhäusern bestellt worden waren. Laut Anklage erhielt er für jedes dieser Pakete, das er den beiden aushändigte, 25 Euro. Seit gestern muss sich das Trio vor dem Berliner Landgericht verantworten.

Um insgesamt 53 Fälle geht es in dem Prozess. Den Versandhäusern soll innerhalb von neun Monaten ein Schaden von etwa 25 000 Euro entstanden sein. Die Betrüger ergaunerten laut Anklage unter anderem 28 hochwertige Fernsehgeräte, 22 Stereo-Anlagen oder fünf Staubsauger. David B. zeigte sich vor Gericht geständig. „Mir waren die beiden anfangs sehr sympathisch.“ Bei einem Plausch hätten sie ihm anvertraut, dass sie Waren unter falschen Namen bestellen würden. Sie baten ihn um Zustellung dieser Pakete, sie boten ihm Geld. „Wir hatten uns auf 25 Euro pro Lieferung geeinigt“, sagte David B., der inzwischen arbeitslos ist. „Es war eine große Dummheit.“ Knapp 30 krumme Paket-Touren sollen auf das Konto des damaligen Postzustellers gehen. David B. hat allerdings nicht Buch geführt. „Die Anklage könnte der Wahrheit entsprechen“, sagte er. Die fraglichen Pakete hätten die beiden Mitangeklagten am Ende seines Dienstes direkt von seinem Auto abgeholt. „Sie hatten Listen mit Namen und Adressen, sie sortierten unter den Paketen, die ich nicht zustellen konnte." Allerdings sei er nur selten für seine Dienste entlohnt worden. Statt der 25 Euro pro Lieferung habe er insgesamt nur etwa 75 Euro erhalten. „Sie wurden immer bösartiger und aggressiver“, meinte der Ex-Postbote. Ein Ausstieg sei ihm nicht mehr möglich gewesen. „Sie drohten, dass sie mich bei meinem Arbeitgeber verraten würden.“ Und angeblich zeigten sie ihm zur Warnung eine Pistole. Die Richter aber ließen Zweifel an dieser Version erkennen und hielten dem jungen Mann einen Brief an seine Komplizen vor. Darin hieß es: „Ich hoffe, dass ihr wisst, dass ihr noch Geld zahlen müsst!“

Die beiden Mitangeklagten bestritten jegliche Bedrohungen. „Wir sind familiär, wir haben keine Pistole“, sagte der 32-jährige Borislav S. und legte ein Teilgeständnis ab. In etwa 30 der angeklagten Fälle „war es unseres“, meinte er. Die anderen Waren habe eine Person bekommen, „die ich nicht nennen möchte“. Den Großteil seiner Beute verkaufte der Jugoslawe. „Wir wollten schuldenfrei sein, haben das Geld dafür eingesetzt.“ Der Richter schüttelte nur den Kopf. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt. K. G.

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