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Konfrontation ist anders: Renate Künast machte Klaus Wowereit fast schon ein Koalitionsangebot. Auch wenn sie selbst für einen rot-grünen Senat nicht zur Verfügung stehen will.

© dpa

TV-Duell mit Wowereit: Künast macht den Weg frei für Rot-Grün

Im Fernsehduell mit Klaus Wowereit sagt Renate Künast überraschend deutlich, dass sie Schwarz-Grün für Berlin ablehnt - und wird von der Herausforderin zur Wegbereiterin.

Die Koalitionsverhandlungen für Rot-Grün in Berlin haben am Donnerstagabend im RBB begonnen. Das ist die spannendste Erkenntnis des Duells zwischen Klaus Wowereit (SPD) und seiner Grünen–Herausforderin Renate Künast. Allerdings muss man nun anders mit dem Wort „Herausforderin“ umgehen. Nicht lange nach Beginn der Sendung betont die Spitzenkandidatin, die nur als Regierende Bürgermeisterin im Abgeordnetenhaus Politik machen will, überraschend deutlich: „Ich werde meiner Partei nicht vorschlagen, mit der CDU zusammenzugehen. Mir ist das Liebste die SPD.“

An dieser Stelle des Duells geht es um die A 100 und die Frage, ob sie entscheidend für eine Koalition sei. Künast versucht sich im Spagat zwischen „ich gebe zu, wir brauchen mehr Bewegung für die Wirtschaft“ und „wir wollen aber andere Straßen weiter entwickeln“, um nicht genau zu antworten. Sie sagt nur, die A 100 sei ein „herausragendes Kriterium“. Wowereit grätscht zielsicher hinein, erinnert an den Grünen-Fraktionschef, der gesagt habe, mit der A100 gebe es keine rot-grüne Koalition und fragt: „Was ist denn nun, Frau Künast?“

Die antwortet mit der erwähnten Koalitionsaussage gegen die CDU und findet, nun liege der Ball bei Wowereit, er solle nun mal sagen, ob er Rot-Schwarz oder Rot-Grün wolle. Aber Wowereit muss gar nicht antworten, weil die, wie schon beim Duell Wowereit–Henkel, erneut sprachlich rumpelnden und unsicheren Moderatoren Claudia Nothelle und Christoph Singelnstein den Augenblick verpassen. Singelnstein bringt es fertig, diese journalistische Großchance mit dem Satz „Koalitionsverhandlungen können sie ja nach der Wahl führen“ zu vergeben.

Immer wenn es spannend wurde, wenn Farbe hineinkam, erstickte der virtuelle Berlin-Stadtplan – von Singelnstein gerufen, auf dem die Duellanten Nummern aussuchen durften, hinter denen Fragen aus Bezirken steckten – den Moment. Dunkel und grau waren alle kleidungstechnisch erschienen, nur Wowereits rote und Singelnsteins blaue Krawatten waren Farbtupfer, Renate Künast hatte das Pech, auch noch schlechter geschminkt worden zu sein als der Regierende, aber für die zu wenigen Punkte, die sie im Duell machen konnte, war sie selbst verantwortlich.

Lesen Sie auf der folgenden Seite, wie sich Künast ehrlich macht bei der Kitapolitik und wie Wowereit das prompt ausnutzt.

Als es um die Wirtschaft und um die Entwicklung des Flughafens Tegel ging, forderte Künast: „Leute zusammenholen“, man müsse sich „als Person reinhängen“, „internationale Zeitschriften“ lesen, um selbst „in den Vorstandsetagen der Unternehmen“ zu werben, auch in China und für E-Mobilty. Wowereit konterte trocken, er habe alle an den Tisch geholt, und seine Investoren würden sich bedanken, wenn sie durch Frau Künast nun auch noch Konkurrenz aus China bekämen. Das sei ja quatsch, winkte die ab, aber wieder war ein Punkt verloren.

Ansonsten wenig neue Erkenntnissen: Lokale Initiativen finden beide gut, fürs Quartiersmanagement sind sie auch, und Künast warb sogar „nicht nur platt für die Grünen“, sondern dass Bürger auch für andere Parteien in die Bezirksverordnetenversammlungen gehen. Den Steglitzer Kreisel finden beide hässlich, Künast träumt angeblich sogar von ihm. Beim Mietenthema will Künast mehr Wohnungen in Landesbesitz als Wowereit und kritisiert zu wenig Bundesrats-Engagement, was Wowereit überraschend ganz anders sieht.

Ausgerechnet bei der Kitapolitik ist Künast ehrlich und sagt, weitere Verbesserungen werden sie nicht kostenfrei machen können“, aber im Wahlkampf ist das schlecht, was Wowereit ihr auch prompt vorhält. Kurz vor dem Ende wirft ihm Künast „Arroganz“ vor, als der sich beim Thema Länderfinanzausgleich über seine Parteikollegen in Baden-Württemberg echauffiert, er lasse sich da nichts vorschreiben, „die sollen sich nicht aufregen“.

Endlich mal Streit... – aber die Moderatoren rufen, die Sendung sei zu Ende. Künast gibt nicht auf, versucht nochmals das Koalitionsthema zu spielen. Wieder verpassen die Moderatoren die Gelegenheit, können aber nicht verhindern, dass Wowereit Künasts symbolischen Handschlag annimmt: Er wolle eine Koalition, die für soziale Gerechtigkeit stehe, das sei mit der Linken und den Grünen möglich. Mit der Linken müsste das allerdings erst einmal rechnerisch möglich sein. Und: „Eine Koalition mit der CDU kann ich mir nur schwer vorstellen.“

Klarer Punktsieg für den Regierenden, die Herausforderin hat ihre neue Aufgabe indirekt definiert: Wegbereiterin hin zu Rot-Grün.

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