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Berlin: Kündigungswelle: Der Leiter der Flüchtlingshilfe will sich nicht mit den Kündigungen abfinden

"Ich fühle mich wie ein Stück ..

"Ich fühle mich wie ein Stück ..." Die Frau am Schreibtisch kann nicht weitersprechen. Sie kämpft mit den Tränen. Eben habe ihr Mann von zu Hause angerufen. Post für dich, sagte er. Vom Roten Kreuz. Die Sachbearbeiterin, die seit elf Jahren bei der DRK-Flüchtlingshilfe in der Wilhelmshavener Straße in Tiergarten arbeitet, steht noch unter dem Schock der Kündigungsnachricht. Dass Betriebsrat und Geschäftsführung nun über einen Sozialplan verhandeln wollen, hat sie auch schon gehört. Aber die Anfang 40-Jährige glaubt nicht, dass bei der Eile, mit der das Sanierungskonzept jetzt umgesetzt werden muss, Fürsorge walten kann. Sie sei sich sicher, nach Ablauf der Kündigungsfrist am 1. September gehen zu müssen. Nicht nur in diesem Büro ist die Stimmung gedrückt. Man könne beim DRK nur noch sich selber trauen, sagt ein Mann auf dem Flur.

Kaum trösten wird sie die Erklärung, die DRK-Sprecherin Susanne Arabi für die Schließung von Flüchtlingsheimen und die Entlassung von Mitarbeitern in der Flüchtlingshilfe hat. Heime würden nicht geschlossen, um den Landesverband zu sanieren, sondern weil sie nicht mehr voll belegt seien. Vor den neuen Asylgesetzen, die jetzt den Zustrom von Flüchtlingen versiegen ließen, hätten die Heime die vielen Beratungsangebote mitfinanziert. Jetzt aber könne das DRK in Berlin nur noch Leistungen anbieten, wenn hierfür die Kosten gedeckt seien. Mitverantwortlich für die Schuldenlast des Verbandes, so Arabi, waren die hohen Eigenleistungen, die erbracht werden mussten.

Der Leiter der Flüchtlingshilfe, Herbert Büttner, will sich noch nicht mit den von der Unternehmensberatung "empfohlenen" 78 Stellenstreichungen abfinden. Gerade bei den Aussiedlerprojekten wäre ein Aus fatal. Ein Projekt auf der Streichliste sei die Arbeit mit Jugendlichen aus benachteiligten Familien, die in Ausbildungen vermittelt werden. "Wir können sie doch nicht mit Problemen alleine lassen, die sie nicht bewältigen können", sagt Büttner. Das gelte beispielsweise auch für ein Projekt, in dem in Haft traumatisierte Kurden therapiert würden. Er wolle nun versuchen, alternative Geldquellen zu erschließen und Sponsoren zu gewinnen. Aber gerade für die teuren und wenig spektakulären Personalstellen sei es schwer, Spender zu finden. Büttner appelliert an seine Geschäftsführung: Die Kompetenz der Mitarbeiter und die enge Verbingung zu den teilweise sehr labilen Klienten der Flüchtlingshilfe wären für immer verloren, wenn sie fallengelassen werden.

Die verzweifelte Sachbearbeiterin hat Besuch von einer Kollegin bekommen. Eine Sozialarbeiterin aus der Aussiedlerberatung. Sie sagt, es stünde einem sozialen Idealen verpflichteten Arbeitgeber wie dem Roten Kreuz schlecht an, "so mit seinen Mitarbeitern umzugehen". Nachrichten wie die über die bedrohten Gehaltszahlungen hätten die DRK-Angestellten nur aus den Zeitungen erhalten. Die Sozialarbeiterin selbst hofft noch, dass sie und ihre drei Kolleginnen weiterarbeiten können. Täglich würden sie bis zu 20 Spätaussiedler in Fragen der Familienzusammenführung und des Ausländerrechts für nichtdeutsche Verwandte beraten.

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