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Seit 1932 wird am Kurfürstendamm Ecke Joachimsthaler Straße im Café Kranzler Kaffee ausgeschenkt.

©  Kai-Uwe Heinrich

Kult und Koffein: Bald wieder Kännchen im Kranzler

Das Kultcafé Kranzler am Ku’damm kommt Anfang Dezember zurück. Der neue Mieter ist unter Berliner Kaffeeliebhabern nicht unumstritten.

So einer wie Carl Gottlieb Hering müsste, wenn er denn noch lebte, im Café Kranzler und ähnlichen Institutionen eigentlich Hausverbot bekommen. Dem Herrn Hering, geschmacklich im frühen 19. Jahrhundert stehengeblieben, verdanken wir den bekannten Kaffee-Kanon, die gerne im Vorschulalter gesungene Warnung vor dem "Türkentrank" – na, Sie wissen schon: "C-A-F-F-E-E, trink nicht zu viel Kaffee..." Käme in Kultstätten des Koffeins wie dem Kranzler vermutlich nicht gut an.

Dort gibt es Kaffee momentan freilich nur in den Thermoskannen und Pappbechern der Bauarbeiter und Handwerker, die das Traditionshaus für den nächsten Einsatz präparieren und damit – das ist in Berlin nicht immer die Regel – offenbar gut im Zeitplan liegen. Seit Ende 2015 läuft dort gar nichts mehr aus der Kaffeemaschine: Das ganze Kranzlereck wird gründlich, wenngleich in den Grenzen des Denkmalschutzes, umgemodelt. Wo einst Gerry Weber verkaufte, tut dies künftig das britische Trendlabel Superdry, während das Café mit der berühmten rotweiß gestreiften Markise von Ralf Rüller gemietet und laut Plan ab 4. Dezember betrieben wird. Der hatte 2010 mit der Kaffee-Bar "The Barn" in der Auguststraße begonnen, zwei Jahre später in der Schönhauser Allee Ähnliches, diesmal samt Rösterei, eröffnet und legt sich mit dem Kranzler den Flagship-Standort seines Café-Trios zu.

In seiner Filiale im Prenzlauer Berg machte sich Rüller nicht nur Freunde

Aufregung wie damals in Prenzlauer Berg ist diesmal nicht zu erwarten. Damals verbannte Rüller Kinderwagen mittels eines Pollers nach draußen, was ihm schon aus Sicherheitsgründen – die heiße Röstmaschine! – geboten erschien. Später erzürnte er manche junge Mutter, da er eingeschritten war, als eine ihr Kind seiner Ansicht nach allzu demonstrativ gestillt hatte. Auch Laptops und laute Handygespräche sind an der Schönhauser nicht gern gesehen, Rüller wünschte sich sein Café als Ort der Ruhe, sieht sich durch den Erfolg auch bestätigt.

Ralf Rüller, "The Barn"-Chef.
Ralf Rüller, "The Barn"-Chef.

© Thilo Rückeis

Ein Zentrum der Stille dürfte ihm am trubeligen Kurfürstendamm kaum gelingen, und hier hat er es auch nicht im Sinn. Der bunte Mix des Boulevards solle sich auch in seinem Café wiederfinden, sagt er. Die Leute aus den Büros, Touristen, Familien beim Einkaufsbummel, ob mit oder ohne Kinderwagen – alle sind willkommen. Und für die Laptop-Fraktion gibt es sogar extra viele Steckdosen.

Aber der Kaffee in Spezialqualität steht natürlich im Mittelpunkt der Rüller fast an ein japanisches Teehäuschen erinnernden Dachrotunde. Man kann sie wie das vor knapp einem Jahr geschlossene Café per Fahrstuhl erreichen, aber ebenso wie früher über die geschwungene Treppe, die vom Modeshop direkt zu den Kaffeetassen führt. Für deren Inhalt wurde eigens in Seattle eine unter dem Tresen verborgene Espressomaschine handgefertigt, die Kaffeeverkäufer sollen schließlich barrierefrei mit den Kaffeegenießern über ihr Sortiment parlieren können. Aber natürlich bietet man auch Schokolade, Tee, Kuchen, Kekse und Sandwichs.

Rund 200 Sitzplätze wird es geben, wie gewohnt innen, aber auch auf einer Dachterrasse und dem die Rotunde umgebenden Balkon. Dank der Markise ist er selbst bei Regen nutzbar. Es besteht also keine Gefahr, dass der Kaffee verwässert wird.

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