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Ralf Zarnoch, Inhaber des Filmtheaters Weltspiegel in Cottbus, im großen Saal des Hauses.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburgs ältestes Kino: Jugendstil-Kino "Weltspiegel" in Cottbus wird zwangsversteigert

Es hat Kaiser, Krieg und Kommunismus überlebt. Nun soll das "Weltspiegel" in Cottbus, Brandenburgs ältestes Kino, zwangsversteigert werden.

Von Sandra Dassler

Als Kind war Ralf Zarnoch fast jedes Wochenende im schönsten Kino seiner Heimatstadt Cottbus, dem Weltspiegel. „Es gab rote Fassbrause und Oma und Opa sahen sich mit mir Märchenfilme wie ‚Das singende, klingende Bäumchen‘ oder ‚Drei Haselnüsse für Aschenbrödel‘ an“, erzählt der Cottbuser. „Später liefen die bei Jugendlichen angesagten West-Filme mit Bud Spencer oder Sylvester Stallone eher in den kleineren Kinos, aber meine Jugendweihe, die fand 1979 ebenfalls im Weltspiegel statt.“

Ein wenig war es wohl auch die Erinnerung, wie er damals als 14-Jähriger auf der Bühne stand, die Ralf Zarnoch 2004 bewegte, das älteste Kino Brandenburgs zu erwerben. Am heutigen Dienstag soll es zwangsversteigert werden, kein schöner Tag für Zarnoch und die anderen Mitarbeiter im Weltspiegel.

Seit 1911 gibt es das Filmtheater

Der ist nur vier Jahre jünger als Deutschlands ältestes noch betriebenes Lichtspielhaus, das Berliner Moviemento in Kreuzberg. Wie dieses hat der 1911 eröffnete Weltspiegel zwei Weltkriege überstanden. Und sogar die DDR-Zeit, die bekanntlich nicht alle Gebäude aus der Kaiserzeit überlebten.

Das denkmalgeschützte Haus ist wie das brandenburgische Staatstheater ein paar Straßen weiter ein Meisterwerk des Jugendstils und war nach dem Mauerfall zunächst von der UFA AG betrieben worden. Die stellte jedoch im Mai 1998 den Spielbetrieb ein – auch weil im Jahr zuvor die mehr als 2000 Besucher fassende UCI-Kinowelt mit neun Sälen am Stadtrand von Cottbus eröffnet worden war.

Die Jugendstil-Fassade des Filmtheaters Weltspiegel in Cottbus.
Die Jugendstil-Fassade des Filmtheaters Weltspiegel in Cottbus.

© Patrick Pleul/dpa

Doch Ralf Zarnoch glaubte fest an die Zukunft eines Innenstadtkinos. Steckte mehr als drei Millionen Euro in die Sanierung, Rekonstruktion und Erweiterung des Filmtheaters, das zwischen 1998 und 2002 nur für das jährlich in Cottbus stattfindende „Festival des jungen osteuropäischen Films“ genutzt wurde.

Das Kino arbeitet kostendeckend

Der rekonstruierte Hauptsaal mit mehr als 500 Plätzen und dem mit mystischen Ornamenten verzierten goldbronzenen Kassettendeck erhielt statt der Schräge mehrere Podeste, die für Tanz- oder andere Veranstaltungen ineinandergeschoben werden können. Außerdem wurden zwei kleinere Kinosäle sowie Filmbar, Foyer und Dachterrasse angebaut. Zur Wiedereröffnung im Jahr des 100. Geburtstags zeigte Wim Wenders seinen preisgekrönten Film „Pina“ über die Wuppertaler Ballett-Choreografin Pina Bausch und war des Lobes voll: Es gebe in Deutschland nur sehr wenige historische Filmtheater, in denen Streifen in 3-D-Qualität gezeigt werden könnten, sagte er.

Auch die Cottbuser nahmen das neue Innenstadtkino begeistert an. „Nicht jeder findet großes und lautes Stadtrandkino mit Nebel- und Lasershows toll“, sagt Ralf Zarnoch: „Vor allem ältere Cottbuser zählen hier zum Stammpublikum. Wie meine Großeltern vor 50 Jahren bringen viele ihre Enkel mit.“ Und beim inzwischen international etablierten Festival des Osteuropäischen Films läuft der Eröffnungsstreifen nicht nur im Staatstheater, sondern auch im Weltspiegel.

Bereits 2014 wurde Insolvenz angemeldet

Und dennoch musste Ralf Zarnoch bereits 2014 Insolvenz anmelden. Die Umbaukosten seien unter anderem wegen des Denkmalschutzes doppelt so hoch geworden wie geplant, erzählt er. Zwar arbeite man durchaus kostendeckend, das reiche aber nicht aus, um die Kredite an die Gläubiger zu zahlen, vor allem an die Sparkasse Spree-Neiße.

Die Kinobesucher hatten vom Insolvenzverfahren wenig bemerkt. Der Betrieb ging weiter, auch weil Zarnoch vom erfahrenen Berliner Insolvenzverwalter Udo Feser unterstützt wurde. Der hält es übrigens für möglich, dass es bei der Zwangsversteigerung am heutigen Dienstag noch keinen Zuschlag gibt und bestätigte dem Tagesspiegel, dass der Weltspiegel „im Kern kostendeckend“ arbeite.

Ralf Zarnoch und seine Mitarbeiter müssen also die Hoffnung, weiter modernes Kino im historischen Umfeld anbieten zu können, noch nicht aufgeben.

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