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Berlin: Kultursenator Flierl empört Stasi-Opfer

Wowereit rüffelt PDS-Politiker, der Geschichtsleugnung nicht widersprach

Von Sabine Beikler

Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei/PDS) ist manchmal schwer zu verstehen. Nicht nur Inhalt, sondern die Diktion seiner öffentlichen Ausführungen hat den Koalitionspartner SPD schon manches Mal aufgebracht. Jetzt steht Flierl erneut in der Kritik. Hubertus Knabe, Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, und die CDU werfen dem Politiker vor, auf einer öffentlichen Veranstaltung nicht gegen „Hasstiraden“ und „Geschichtsleugnung“ ehemaliger Stasi-Mitarbeiter deutlich Position bezogen zu haben.

Was war passiert? Vergangene Woche hatten Flierl und der Bezirk Lichtenberg zu einer Diskussion über die Markierung des ehemaligen Sperrgebiets rund um die Gedenkstätte eingeladen. Gekommen waren 300 Gäste, darunter 200 bis 250 ehemalige Mitarbeiter der Staatssicherheit wie Werner Großmann, letzter Chef der Hauptverwaltung (HVA) der Stasi, oder Oberst Siegfried Rataizick, früherer Leiter des Stasi-Knasts in Hohenschönhausen. Die ehemaligen MfS-Mitarbeiter hätten behauptet, der Knast sei gar nicht so schlimm gewesen, so dass sich viele Häftlinge aus der gesamten DDR gern nach Hohenschönhausen hätten versetzen lassen, berichteten Knabe und die Lichtenberger CDU-Fraktionschefin Astrid Jantz. „Deutlich war das nicht vorhandene Unrechtsbewusstsein und die Geschichtsleugnung dieser Leute“, berichtete sie von der Veranstaltung. Dagegen hätte sich Flierl nicht offen gewandt. Knabe ergänzte, Flierl hätte sich als Stiftungsratsvorsitzender deutlich hinter die Gedenkstätte stellen müssen.

Stattdessen hatte der Kultursenator auf der Veranstaltung einen Brief an Knabe angekündigt, „in dem die Gedenkstätte gebeten wird, zu verschiedenen historischen Komplexen ihre Belegarbeit, ihre sozusagen dokumentarische Absicherung zu qualifizieren“, wie in der Protokollabschrift zu lesen ist, die dem Tagesspiegel vorliegt. Damit sei nicht gemeint, dass Stasi-Opfer ihre Misshandlungen belegen müssten, sondern dass die „fundierte wissenschaftliche Aufarbeitung Aufgabe der Gedenkstätte ist“, verteidigt Sprecher Torsten Wöhlert seinen Chef.

Inzwischen hat sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit eingeschaltet. Sollte die Vergangenheit der DDR verfälscht oder verharmlost dargestellt worden sein, müsse man diese Äußerungen entschieden zurückweisen. „Sollte das wider Erwarten noch nicht passiert sein, muss das korrigiert werden“, erklärte Wowereit. Auch SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller erwartet von Flierl ein „eindeutiges Distanzieren. Ich habe kein Verständnis für irgendeine Wackelei, wenn es um Unrechtstaten des SED-Staates geht“. Die CDU will über die Flierl-Äußerungen am Donnerstag im Parlament debattieren.

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