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Berlin: Kundgebung am Mahnmal

Homosexuellenverband reagiert auf Anschlag

Die Beschädigung des Mahnmals für die in der NS-Zeit verfolgten Homosexuellen hat Empörung ausgelöst. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, nannte die Tat einen „Ausdruck von Menschenverachtung“ und forderte eine Diskussion über den Schutz des Denkmals. Der Lesben- und Schwulenverband (LSDV) bezeichnete den Anschlag als „widerlich und empörend“ und rief zu einer Protestkundgebung auf. Sie soll am Montag um 17 Uhr vor dem Denkmal an der Ebertstraße, gegenüber dem Holocaust-Mahnmal, stattfinden.

Wie berichtet, hatten Unbekannte in der Nacht zu Sonnabend einen Bauzaun umgeworfen und ein Sichtfenster zertrümmert. Durch das Fenster ist eine im Inneren der Betonstele installierte Videoprojektion zu sehen, die ein sich küssendes Männerpaar zeigt. Ein am Homosexuellen-Mahnmal angebrachter Hinweis, dass die Filmsequenz „aufgrund eines technischen Defekts“ nicht einsehbar sei, wurde von der „Vereinigung Lesben und Schwule in der Union“ als verharmlosend kritisiert. Das Schild wurde inzwischen von der mit der Betreuung des Mahnmals betrauten Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ geändert und weist nun auf eine „mutwillige Zerstörung“ hin. Eine Reparatur des Sichtfensters und der Videotechnik war nach Stiftungsangaben am Wochenende nicht möglich, soll aber schnellstmöglich erfolgen. Bis dahin schützt eine Plastikfolie das Steleninnere. Der für das HolocaustMahnmal verantwortliche Sicherheitsdienst soll ein Auge auf die Stele haben.

Der Vorfall ist der erste dieser Art bei dem 600 000 Euro teuren Mahnmal, das von dem in Berlin lebenden dänisch-norwegischen Künstlerduo Michael Elmgreen und Ingar Dragset entworfen wurde. Die Polizei prüft noch, ob der Anschlag einen politischen Hintergrund hat. In diesem Fall würde der Staatsschutz eingeschaltet. Am Sonntag sagte LSDV-Sprecher Günter Dworek, der Angriff auf das Sichtfenster spreche dafür, dass sich der Anschlag gezielt gegen Schwule und Lesben richte. Die gezeigte Kuss-Szene treffe offenbar ins Schwarze. Auch in einer demokratischen Gesellschaft gebe es Menschen, die es nicht ertragen können, wenn sich zwei Männer im öffentlichen Raum küssen. Der Anschlag nur elf Wochen nach der Einweihung mache drastisch deutlich, wie notwendig das Denkmal sei.J. O.

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