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Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden (rechts). Der Unternehmer Hans Wall und seine Frau Stefanie unterstützen die Aktion.

© dpa

Kundgebung gegen Antisemitismus: Mahnung am Brandenburger Tor

Juden fürchten Hass und alltägliche Beleidigungen. Am Brandenburger Tor werden am Sonntag Menschen gegen Judenfeindlichkeit demonstrieren.

Daniel Alter ist natürlich vorsichtig. Bei der großen Kundgebung gegen Antisemitismus, die am Sonntag um 15 Uhr am Brandenburger Tor stattfindet und federführend vom Zentralrat der Juden organisiert wird, ist eher nicht damit zu rechnen, dass es zu judenfeindlichen Aktionen kommen wird. Aber Rabbiner Alter, Antisemitismus-Beauftragter der Jüdischen Gemeinde in Berlin, sagt: „Wir müssen immer mit Problemen rechnen.“ Das ist eine Frage der Erfahrung.

Die Kundgebung wird unterstützt von Parteien, Kirchen und Verbänden, sie steht unter dem Motto „Steh auf. Nie wieder Judenhass.“ Hauptrednerin der Veranstaltung ist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Auch Bundespräsident Joachim Gauck wird erwartet. Zudem werden weitere prominente Politiker und Ex-Politiker erscheinen, wie die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Petra Pau von den Linken. Pau sagte: „Immer mehr Deutsche geben sich nicht mehr als Jüdinnen und Juden zu erkennen, weil sie Hass und Gewalt fürchten. Und noch immer müssen jüdische Einrichtungen besonders geschützt werden.“

Die letzte Aktion, die für große Aufregung gesorgt hatte, war die Parole „Jude, Jude feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein“, die bei einer pro-palästinensischen Demonstration im Juli auf dem Ku’damm gebrüllt wurde. Bei diesem Satz sei es ja nicht geblieben, sagte Rabbiner Alter. Bei der Demo sei ja auch noch „Hamas, Hamas, Juden ab ins Gas“ gebrüllt worden.

Ob der Staatsanwalt den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt sieht, ist derzeit noch unklar. Über die rechtliche Bewertung der Parole wurde nach Tagesspiegel-Informationen bei der Staatsanwaltschaft aber sehr kontrovers diskutiert. Unter Experten gilt es aber als sicher, dass die Parole wenigstens als Beleidigung eingestuft werden muss.

Neben deutschen Parteien und Verbänden ruft auch die Türkische Gemeinde in Deutschland zur Teilnahme an der Kundgebung auf. Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Safter Çinar, erklärte dazu: „Der Kampf gegen den Rassismus kann nur einheitlich geführt werden. Wer die Islamfeindlichkeit wirklich bekämpfen will, der muss sich auch gegen jeglichen Antisemitismus wenden.“

Rabbiner Alter hofft nun, dass am Sonntag „viele nichtjüdische Männer und Frauen“ an der Kundgebung teilnehmen werden. „Das wäre ein Zeichen, dass man nicht allein steht. Das wäre auch ein Signal an jene, die die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt haben.“ Unterstützung erhält er auch von der Bundeskanzlerin. Die hatte in ihrer aktuellen Videobotschaft erklärt: „Antisemitismus darf in Deutschland keine Chance haben.“ Dafür werde sie persönlich wie auch die ganze Bundesregierung und jeder verantwortliche Politiker alles tun. Die gleiche Botschaft wird sie wohl auch am morgigen Sonntag verkünden.

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