zum Hauptinhalt
In Gerhard Seyfrieds Welt ist der Alltag eine ständige Quelle von Sinn, Unsinn, Widersinn.

© tsp

Kunst und Kalauer: Die Absurdität des Alltags

Der Berliner Cartoonist Gerhard Seyfried übt sich in "Schilderguerilla".

Kann gut sein, dass Geschichte sich auch mal zurückentwickelt. Dass beispielsweise Berlins Flughafen im Jahre 2023 dann nicht das versprochene hypermoderne Terminal vorzuweisen hat, sondern nur eine schlichte Holzbaracke. Eben wie 100 Jahre zuvor.

Gelungene Satire benötigt wenig: Ein historisches Foto des Flughafens Berlin von 1923, einmontiert ein einschwebender Jet, eine fiktive Jahreszahl – schon steht der grafische Kommentar zum BER-Skandal. Ersonnen hat dies Gerhard Seyfried, Schöpfer vieler ikonografischer Cartoons mit linksalternativem Touch, Autor historischer Romane und nun Schöpfer des weiterhin erfreulich subversiven Bandes "Schilderguerilla".

Cartoons, die bis in die West-Berliner Siebziger zurückreichen, sind dort versammelt, durch wenige Striche verfremdete Postkarten, am Computer textlich veränderte Fotos mehr oder weniger offizieller Schilder – allesamt künstlerische, und das heißt in Seyfrieds Fall, satirische, humoristische oder einfach nur blödelnde, dem Kalauer vertrauende Kommentare zur oft absurden Alltäglichkeit der gesellschaftlichen Gegenwart. Sein kleiner, schwarzstruppiger Anarchist der Hausbesetzerzeit taucht kurz noch einmal auf, aber neue Gegner sind entstanden, an die damals noch nicht zu denken war, als Partei sind sie sogar im Aufwind: "Alte Naive für Deutschland".

Gerhard Seyfried: Schilderguerilla.

Westend-Verlag,

192 Seiten, 14 Euro

Zur Startseite