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Berlin: Ladenöffnungszeiten: Angst vor dem Wildwuchs

Vom kommenden Jahr an liegt die Entscheidung über zusätzliche Ladenöffnungszeiten am Sonnabend oder Sonntag in den Bezirken. Können sich diese nicht auf einheitliche Regelungen für Ausnahmegenehmigungen einigen, befürchten Wirtschaftsstadträte und der Einzelhandelsverband Klagen vor dem Verwaltungsgericht.

Vom kommenden Jahr an liegt die Entscheidung über zusätzliche Ladenöffnungszeiten am Sonnabend oder Sonntag in den Bezirken. Können sich diese nicht auf einheitliche Regelungen für Ausnahmegenehmigungen einigen, befürchten Wirtschaftsstadträte und der Einzelhandelsverband Klagen vor dem Verwaltungsgericht. Schlimmstenfalls drohe nämlich, dass das Gericht dann keine Ausnahmen mehr für zusätzliche Öffnungszeiten zulässt. Das "ganze liberale Konzept" könne dann kippen, sagte der Geschäftsführer des Berliner Einzelhandelsverbandes, Nils Busch-Petersen. "Wir brauchen Einheitlichkeit." Sollten einzelne Stadträte jetzt vorpreschen, könnte sich dies negativ auswirken.

Bisher hat das zuständige Landesamt für Arbeitschutz (LAGetSi) für eine Einkaufsgegend einen verkaufsoffenen Sonntag sowie vier Mal verlängerte Geschäftszeiten am Sonnabend im Jahr genehmigt, wenn gleichzeitig dazu ein Straßenfest stattfindet. Ein weiterer Sonntagsverkauf ist bei einer überregionalen kulturellen Veranstaltung zugelassen. Das Amt bezog sich dabei auf den Paragraphen 23, in dem es heißt, dass Ausnahmen möglich sind, wenn diese "im öffentlichen Interesse dringend nötig" sind. Die bisher zuständige Sozialverwaltung hofft, dass sich die Bezirke an der bisherigen Praxis orientieren. Diese haben die Aufgabe jetzt auf Grund der Verwaltungsreform übertragen bekommen.

Aber schon die bisherige Auslegung des Ladenschlussgesetzes wird nicht nur von den Gewerkschaften DAG und HBV als fragwürdig angesehen. "Ich kenne nicht eine in Berlin erteilte Ausnahmegenehmigung, die diesem Passus des Ladenschlussgesetzes in den letzten Jahren entsprochen hätte", sagt ein Einzelhandels-Experte. Ein Straßenfest sei einfach nicht ein entsprechender Anlass, aber man habe sich entsprechend mit den Gewerkschaften arrangiert.

Auch Roland Tremper von der DAG ist der Auffassung, dass der Paragraph 23 eigentlich nur in Notsituationen wie einem Hochwasser oder bei Katastrophen Anwendung finden dürfe. "Wir halten die bisherige Praxis für illegal", sagt Tremper. Sollten Bezirke jetzt darüber hinaus gehende Ausnahmen vom Ladenschluss genehmigen, erwägt die Gewerkschaft, im Interesse der Beschäftigten vor das Verwaltungsgericht zu gehen, wenn sich die Möglichkeit bietet.

Die Gewerkschaften fürchten "einen Wildwuchs" an Regelungen und Wettläufe zwischen den Bezirken um Sonderöffnungszeiten. Daran ist dem Einzelhandelsverband ebenfalls nicht gelegen. "Was wir brauchen, ist die generelle Abschaffung des Ladenschlusses", sagt Busch-Petersen. Mit bezirklichen Sonderregelungen, die eventuell vor den Gerichten nicht Bestand haben, sei nichts gewonnen.

Klagen könnten auch von Händlern kommen, die gegen die ungleiche Handhabung in den Bezirken vorgehen wollen. Die Gefahr von Gerichtsverfahren sieht auch der Tiergartener Wirtschaftsstadtrat Dirk Lamprecht (CDU), der dieses Amt auch in dem künftigen Großbezirk Mitte innehaben wird. Aus diesem Grund wolle man sich bemühen, zu einer einheitlichen Handhabung zu kommen. Gleichwohl wünsche er sich Regelungen, die mehr den individuellen Tatbeständen von Einkaufsstraßen und -gegenden gerecht würden. Im Laufe des Monats werde es aus diesem Grunde entsprechende Gespräche mit der Wirtschaftsverwaltung geben. Vor allem die Wirtschaftsstadträte der Innenstadtbezirke wollen in dieser Frage zusammenarbeiten.

In die Verantwortung des Senates fällt aber weiterhin, auch im kommenden Jahr vier verkaufsoffene Sonntage und sechs verlängerte Sonnabende für die gesamte Stadt zu bestimmen. Die derzeitigen Shopping-Weekends mit Sonnabendverkäufen bis 20 Uhr im November wird es also auch im Jahr 2001 wieder geben können.

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