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Der Kompromiss hinterlässt nicht nur glückliche Gesichter.

© dpa

Ladenöffnungszeiten: Sonntagsverkauf im Bahnhof – nur Textilien sind tabu

Rot-Rot in Berlin ist sich einig über Ladenöffnungen: Zehn verkaufsoffene Sonntage sind geplant. In großen Bahnhöfen dürfen Geschäfte das ganze Wochenende öffnen. Die Regelung stößt nicht nur auf Zustimmung.

Kaum haben SPD und Linke am Mittwoch den koalitionsinternen Streit um das neue Ladenöffnungsgesetz beendet, steht neuer Ärger ins Haus. Zwar wurde die jetzige Regelung, wonach Geschäfte in Bahnhöfen an Sonntagen nur Reisebedarf verkaufen dürfen, um Waren des täglichen Gebrauchs erweitert. Die sollen zudem in allen Fern- und großen Regionalbahnhöfen wie Zoo, Gesundbrunnen und Südkreuz verkauft werden dürfen. Schuhe und Textilien soll das aber nicht betreffen, sagte Jörg Schroedter (SPD), Vorsitzender des Arbeitskreises Wirtschaft im Abgeordnetenhaus. Bereiche mit diesen Artikeln müssen abgesperrt werden. Der Hauptbahnhof bleibt somit von einer Gleichbehandlung mit dem Flughafen Tegel weit entfernt.

„Das ist ein fauler Kompromiss“, sagte Toni Brentrup von der Werbegemeinschaft Hauptbahnhof. Die Entscheidung werde der besonderen Stellung des Hauptbahnhofs nicht gerecht. Eine Klage auf Gleichbehandlung mit Tegel sei vorstellbar. Weil sonntags bisher nur Reisebedarf verkauft werden darf, müssen derzeit 28 der 80 Geschäfte zu bleiben. Trotz des neuen Vorschlags seien künftig immer noch mindestens zehn Läden betroffen. „Jetzt sind wir doch wieder bei der Souvenir-Diskussion“, sagt Brentrup, „denn T–Shirts mit Berliner Bären dürfen verkauft werden.“

Bei der Linken, die bisher gegen eine Lockerung des Sonntagsverkaufs argumentierte, ist man mit der jetzigen Lösung dennoch „nicht unzufrieden“, wie Sprecherin Kathi Seefeld mitteilte. Das Ziel, dass der Hauptbahnhof nicht gesondert behandelt werde, sei erreicht.

Ganz glücklich mit dem Kompromiss ist die SPD nicht. Zwar biete die einheitliche Lösung Rechtssicherheit und sei für die Arbeitsplätze wichtig, sagte Schroedter. Auch Handelsverband (HBB) und Industrie- und Handelskammer begrüßten die Entscheidung in einer Erklärung, die evangelische Kirche stehe ebenfalls dahinter. Schroedter würde aber gerne alle Geschäfte in den Bahnhöfen öffnen lassen. Das fordern auch FDP und CDU, die die Einigung an sich begrüßen. Den Verkauf von Textilien und Schuhen auszuschließen, sei aber „nicht zielführend“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Volker Thiel. Für Berliner und Besucher sei es nicht nachvollziehbar, wenn ein wesentlicher Teil der Geschäfte reglementiert werde, sagte auch der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU, Heiko Melzer. Man werde die Vorschläge im Wirtschaftsausschuss genau prüfen. Dann soll die Änderung des Ladenöffnungsgesetzes beschlossen werden, sagte Schroedter. Anfang November wolle man das Gesetz verabschieden, damit es noch in diesem Jahr gilt.

Dadurch erhalte der Handel für den diesjährigen Weihnachtsverkauf Planungssicherheit. Denn der Kompromiss regelt auch die verkaufsoffenen Sonntage. Acht sollen es sein, die vom Senat festgelegt werden sollen, darunter zwei im Advent. Der bisherige Vorschlag von Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) sah nur sechs vom Senat bestimmte Sonntage vor. Außerdem sollen die Händler an zwei zusätzlichen Sonntagen ihre Läden zu „besonderen Anlässen“ öffnen dürfen, etwa bei Straßenfesten oder Firmenjubiläen.

Die Gewerkschaft Verdi befürchtet derweil, dass dadurch „Öffnungsmöglichkeiten Tür und Tor geöffnet“ werden, besondere Ereignisse seien nur schwer einzugrenzen. Sollte der Senat in einem Jahr weniger als acht Sonntage festlegen, dürfen die Händler entsprechend mehr frei wählen, sagte der SPD-Abgeordnete Schroedter, Obergrenze seien zehn. In diesem Jahr sollen bereits der erste oder zweite Adventsonntag sowie der vierte am 19. Dezember offen sein. Durch die Regelung der „besonderen Anlässe“ könnte insgesamt an drei Adventssonntagen geöffnet sein, sagte Schroedter. Dann befürchtet FDP-Mann Thiel neue Klagen. Den Verkauf an allen vier Adventssonntagen hatte das Bundesverfassungsgericht verboten.

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