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Berlin: Lässig statt stressig

Alle Jahre wieder stundenlang in die Küche? Den Festtagsbraten kann man ordern – oder gleich den Koch.

Von Susanne Leimstoll

Gans klassisch.

Damit Hobbyköche zu Hause über Weihnachten nicht rotieren, nimmt Martin Lisson, 35, gern Zusatzstress in Kauf – bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag. Der Küchenchef des Berliner Fünf-Sterne-Hauses Ritz Carlton stemmt zusätzlich zum Programm der hoteleigenen Brasserie Desbrosses noch „Gans to go“, Festtagsbraten zum Mitnehmen. Man bekommt die klassische Gans plus umfangreicher Sättigungsbeilagen abholbereit und fertig zubereitet, in Thermotaschen geschenkreif verpackt, und wer nicht mal das Abholen schafft, lässt sie sich eben per Taxi vor die Tür liefern.

147 Euro kostet der Spaß, doch das Ganze reicht für fünf bis sechs Leute. Gierige Fleischesser können sich noch ein, zwei Keulen dazulegen lassen. Alle anderen werden mit Lissons klassischer Variante satt: fünf Kilo deutsche Gans, Kartoffelklöße, Apfelrotkohl, über Nacht mit Orangensaft mariniert, Grünkohl, nicht zu Tode gekocht und nicht zu fettig, also ohne Speckschwarte zubereitet, Maronen und Soße. Die Äpfel stopft Lisson nicht in die Gans, sondern reicht sie als Marzipan-Bratapfel-Dessert dazu, und schließlich ist noch eine Flasche Roter, ein Cuvée des Hauses, dabei. Zu Hause sollte der Braten noch ein Viertelstündchen zum Knusprigwerden ins Rohr – fertig. Die lässige Art, das Festtagsessen aufzutischen, ist beliebt; 50- bis 60-mal, sagt Martin Lisson, werde es durchschnittlich geordert, in der Regel mit bestem Feedback. Zweieinhalb Jahre ist er im Ritz-Carlton, und nur im ersten Jahr leistete er sich den Fauxpas, die Maronen wegzulassen. „Aufschrei bei der Kundschaft“, sagt er lachend. „Für die meisten gehören sie einfach dazu.“ Wer 24 Stunden vorher bestellt, bekommt seine Gans pünktlich. Denn Lisson hat sie auch auf der Karte – und außerdem drei riesengroße Öfen. „Da kriege ich bis zu 24 Gänse rein.“

Ganz bequem. Wer nicht selber am Herd stehen, aber zugucken will und „Fine Dining“ bevorzugt, ist zum Beispiel beim „Mulax“ richtig. Kristof Mulack, 30, Versicherungskaufmann und begeisterter Koch, betreibt die Kreuzberger Event-Location, die man mieten kann, zusammen mit seiner Schwester Mariana und lässt sich auch als Küchenchef für zu Hause buchen. In der Adventszeit serviert er – ganz wie im Gourmetrestaurant – im jeweils heimischen Esszimmer vier Gänge plus Amuse-Gueule. Etwa Mousse von der Brandenburger Landente plus marinierte Rote-Bete als Salat, mit Purple Curry aromatisierte Rotkohl-Essenz mit Apfelbällchen, als Hauptgang von der Ente rosa gebratene Brust und auch frittierte Keulenknödelchen, bissfesten Grünkohl und eine Petersilienwurzel-Mousseline, zum Dessert Bratapfel als Sorbet, dazu eine karamellige Soße, zimtige Spongecakes und Apfelchips, als Schlussakkord selbst hergestellte Pralinen. Wer so etwas für mindestens 50 Euro pro Person bucht? „Firmen wie Privatleute, junge Leute aus der IT-Branche wie auch Ausrichter gediegener Anlässe. Wir setzen uns da eigentlich wenig Grenzen.“ Was der Hobbykoch beisteuern muss? „Einen Herd mit vier Platten“, sagt Mulack. Für Aufträge vom 24. bis 26. Dezember würde er diesmal wahrscheinlich nicht selbst anreisen, sondern einen Kollegen des Netzwerkes „kitchen surfing“, mit dem das „Mulax“ zusammenarbeitet, empfehlen. Der Grund ist einfach: Kristof Mulack und seine Frau erwarten zum Weihnachtsfest ihr – erstes – Christkind.

Brasserie Desbrosses, Potsdamer Platz 3 Tel. 3 37 77 63 41, www.ritzcarlton.de

Mulax, Lausitzer Str. 10, www.mulax.de www.kitchensurfing.com

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