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Gestaffelte Staffeleien. Thema im „Malsalon“ in Prenzlauer Berg waren dieses Mal van Goghs „Zypressen“. Eine Reproduktion der Vorlage hängt hinten an der Wand.

© Björn Kietzmann

Laien malen Meisterwerke: Van Gogh geht in Serie in Prenzlauer Berg

Van Gogh, Paul Klee, Claude Monet. Laien malen unter Anleitung in Prenzlauer Berg berühmte Meisterwerke nach. Das klingt nach Fälscherwerkstatt, ist aber legal – und entspannend.

Vor lauter Konzentration hat Regina völlig vergessen, zu trinken. Ihr Wasserglas steht nach zwei Stunden noch unbenutzt vor ihr. „Ich bin völlig im Malwahn“, sagt die 33-Jährige aus Weißensee. Vor ihr ist eine Staffelei mit einer Leinwand aufgebaut. Auf einer Pappe mischt Regina, eine Schürze umgebunden, ihre Farben. Das wirkt professionell – dabei hat die Frau seit Jahren nicht mehr gemalt. Sie ist Teilnehmerin eines Kurses des „Berliner Malsalons“ in Prenzlauer Berg, wo Woche für Woche die Werke berühmter Künstler kopiert werden. Heute sind Vincent van Goghs „Zypressen“ an der Reihe. Regina ist mit drei alten Schulfreundinnen gekommen, „um mal was Schönes gemeinsam zu unternehmen“.

Paul Klee, Franz Marc, Egon Schiele, Claude Monet, Gustav Klimt – von Donnerstag bis Sonntag können Laien sich am Kopieren der Meister probieren. Unter dem Motto „Jeder ist ein Künstler“ entstehen Kopien von Bildern wie Marcs „Der Tiger“, Klimts „Der Kuss“ und Monets „Seerosen“. Den meditativen Effekt des Malens können so auch Menschen ohne Fantasiebegabung erleben, die sonst nach den ersten Pinselstrichen entmutigt aufgeben würden.

Jetzt sind die „Zypressen” dran

Zur Anleitung ist bei jedem der Kurse ein professioneller Künstler anwesend. Heute ist es Ulrich Glosauer. Sieben Teilnehmer sind zum Kurs am Samstagnachmittag gekommen, um sich an den „Zypressen“ zu versuchen. Glosauer gibt Anweisungen zum zeitlichen Verlauf, zum Mischen der Farben, zur Dynamik der Pinselstriche. Später geht er herum und rät, wo noch ein wenig Gelb im Baum nicht schaden kann, wo die Farben noch einen dunkleren Ton vertragen können.

Währenddessen erzählt er von Van Gogh und dessen Werk. Dazu läuft im Hintergrund leise Musik, die Stimmung wird immer meditativer. Nach einigem Zögern haben die Teilnehmer ihren eigenen Rhythmus für die geschwungenen und verschnörkelten Linien der Vorlage gefunden – vom Gedanken einer exakten Kopie verabschieden sich alle schnell.

Von New York in den Prenzlauer Berg

Die Idee zum Malsalon haben die Macher Niels Möller, seine Frau Johanna und seine Schwester Kristin, alle Mitte 30, aus New York mitgebracht. Dort hatten sie einen Kurs besucht, bei dem sie nach einer Vorlage ein Bild des Times Square pinselten. „Ich habe meins sogar noch hier stehen“, sagt Kristin Möller und holt die Leinwand von einem Schrank. Nicht umsonst hat es einen wenig prominenten Platz bekommen: „Es ist mir schon fast peinlich, dass ich das gemalt habe“, sagt Möller. Schließlich hat sie inzwischen wesentlich mehr Übung. Zurück in Berlin stand für alle schnell fest, dass sie den Malsalon in Berlin etablieren wollten, und so kopierte Kristin Möller gemeinsam mit Bruder, Schwägerin und einer Freundin etliche weitere Bilder. „Wir haben erst einmal ausprobiert, welche Bilder sich überhaupt eignen“, sagt Möller. Zu Hause stapeln sich jetzt bei ihr die Kopien der Meisterwerke.

Lutz, 62, aus Prenzlauer Berg, war der Erste, der sich für den heutigen Termin angemeldet hat. „Ich bin schuld, dass wir die Zypressen malen“, sagt er. Weil er in London eines der Zypressenbilder gesehen hatte, wünschte er sich das Motiv. „Ich fand es so fantastisch, dass ich die Idee hatte, mir das malen zu lassen.“ Seit einigen Jahren hängt bereits die Kopie eines Modigliani-Werks bei Lutz im Wohnzimmer. Er hat es professionell anfertigen lassen. Dabei musste er entscheiden, ob er das Format ein Stückchen kleiner oder größer als das Original haben wollte – damit gar nicht erst der Verdacht der Fälschung aufkommt. Dem sind die Laienkünstler im Malsalon natürlich nicht ausgesetzt.

Am Ende wird ein Foto gemacht

Nach etwa zweieinhalb Stunden sind alle fertig mit ihren Bildern. Eine Teilnehmerin fotografiert ihre Schöpfung mit dem Smartphone. „Super, das wird jetzt gleich gepostet“, sagt sie. Eine andere blickt etwas skeptisch auf das vollbrachte Werk. „Ich hatte mir schon überlegt, ob ich es verschenken kann. Aber jetzt würde ich davon Abstand nehmen“, sagt sie und lacht. Lutz hingegen ist zufrieden mit dem Ergebnis: Auch der van Gogh wird einen Platz an der Wand bekommen. Mit nach Hause nehmen sie alle ihre Werke – und ein ausgeglichenes Gemüt für den Rest des Wochenendes dazu.

Malsalon Berlin, Knaackstraße 80, Prenzlauer Berg, Kosten pro Sitzung, inklusive Materialien: 39 Euro, Anmeldung und Information unter Telefon 23 36 14 03.

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