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Berlin: Land übernimmt weitere Defizite der Kita-Betriebe

Lichtenbergs Bürgermeisterin Emmrich setzte Senat erfolgreich unter Druck

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Der Senat will die Kita-Eigenbetriebe zusätzlich unterstützen. Künftig sollen die Mehrausgaben für das aus dem öffentlichen Dienst stammende Personal stärker als bisher ausgeglichen werden, damit das Kitafördergesetz umgesetzt werden kann. Dies hat Jugendsenator Jürgen Zöllner (SPD) zugesagt. Der Verwaltungsrat des besonders defizitären Eigenbetrieb Nord- Ost kündigte daraufhin an, den gesetzlich vorgeschriebenen Personalschlüssel einzuhalten. Mit der Zusage Zöllners wurde ein Konflikt gelöst, der seit Anfang des Jahres schwelte. Damals hatte sich der Eigenbetrieb geweigert, zusätzliche Erzieherinnen einzustellen.

Die Folge: In den öffentlichen Kitas von Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Pankow wurde das Personalsoll erheblich unterschritten. Betroffen waren über 9000 Kinder. Damit wurde die – aus dem Kita-Volksbegehren resultierende – Verbesserung der Personalversorgung unterlaufen. „Wir hatten kein gutes Gewissen dabei, aber es war angesichts unserer Situation nicht anders möglich“, rechtfertigt die Verwaltungsratsvorsitzende von Nord-Ost, die Bürgermeisterin von Lichtenberg Christine Emmrich (Linke), die Entscheidung vom Januar 2011. Es ging um einen Betrag von rund 600 000 Euro.

Aber jetzt sei das gewünschte Ziel erreicht, indem der Senat den Ausgleich des „strukturellen Defizits“ angekündigt habe, so Emmrich. Hintergrund des Streits ist das Finanzierungssystem der Kitaplätze für Eigenbetriebe und freie Träger. Sie bekommen pro Platz die selben Zuschüsse vom Land, haben aber unterschiedliche Personalausgaben: In den Eigenbetrieben wurden jene Erzieherinnen aufgefangen, die vorher in den Bezirkskitas gearbeitet hatten und Vergünstigungen des öffentlichen Dienstes beanspruchen können. Die freien Träger waren daran nicht gebunden.

Der Eigenbetrieb Nord-Ost sei zusätzlich benachteiligt, weil er besonders viele ältere Erzieherinnen mit Anspruch auf höhere Bezahlung habe, begründet Emmrich den Umstand, dass sich der Betrieb geweigert hatte, die gesetzlich vorgeschriebene bessere Personalversorgung umzusetzen. „Wir wussten uns nicht anders zu helfen“, rechtfertigt auch der Bildungsstadtrat von Marzahn-Hellersdorf, Stefan Komoß (SPD), das Vorgehen des Verwaltungsrates. Er begrüßt ebenfalls, dass der Senat die Defizite nun ausgleichen will.

Damit sind aber nicht alle Probleme vom Tisch. Sorge macht vor allem der Erzieherinnenmangel, der allen Kitaträgern zusetzt. Darüber hinaus dürfte nach den Wahlen die Frage wieder auftauchen, ob es auf Dauer Sinn macht, das kommunale Viertel Kitaplätze in Eigenbetrieben zu organisieren. Seit ihrer Gründung 2006 sind die Kita-Eigenbetriebe eine Kostenfalle. Die 282 Betreuungseinrichtungen mit 30 000 Plätzen produzierten bisher jährliche Verluste in zweistelliger Millionenhöhe, die nur zum Teil durch Sonderlasten (Tarif- und Personalstruktur, Versorgungsausgaben) erklärbar sind.

CDU, Grüne und FDP bezweifeln schon lange, dass die Rechtsform des bezirklichen Eigenbetriebs der richtige Weg war. Zuvor wurde auch über eine landeseigene Kita-GmbH diskutiert. Der Landesrechnungshof fordert jetzt eine „gesamtstädtische Steuerung“. Die wirtschaftliche Vergleichbarkeit mit freien Trägern sei nicht gegeben. Es fehle ein begleitendes Controlling und eine Finanz- und Investitionsplanung. Anstatt die strukturellen Defizite zu analysieren, würden Finanzierungslücken vom Senat pauschal gedeckt.

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