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Berlin: Landespolitik entdeckt die Moscheen

Der Streit um Neubauten nutzt vor allem Populisten. Abgeordnete regen grundsätzliche Debatte an

Neukölln, Pankow, jetzt Charlottenburg – wo Moscheen in Planung sind oder schon gebaut werden, gibt es Streit mit Anwohnern. Am Neuköllner Columbiadamm hatte sich der Moscheeverein nicht an die Bau-Auflagen gehalten. In Pankow stießen sich Anwohner an dem Vorhaben der Ahmadiyyah-Gemeinde, ein Kulturzentrum zu bauen, obgleich in Pankow gar keine Anhänger der Ahmadiyyah leben. In Charlottenburg agitiert nun die Initiative, die noch Großes vorzuhaben scheint, gegen ein islamisches Kulturzentrum in der Keplerstraße.

Eine Moschee solle dort erst dann entstehen, wenn der Verein „Inssan“ über das nötige Geld verfüge, sagt Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen (SPD) – die Moschee-Gegner aber sind aktiv. Auf ihrer Internetseite erklärt die „Bürgerbewegung pro Deutschland“, warum eine „Groß-Moschee“ in der Keplerstraße nicht entstehen soll: „Wo ein solcher orientalischer Prunkbau mit Kuppel und Minarett erst einmal steht, wird als nächstes bei den Behörden der Muezzin-Ruf beantragt.“

Die Bewegung richtet sich gegen die „multikulturelle Politik der Altparteien“ und „arrogante Entscheidungen wider den Volkswillen“. Das lässt den Schluss zu, dass mit dem Streit um die Moschee bürgerlicher Unmut überhaupt angeheizt werden soll. In Pankow hatten Rechtsextremisten versucht, den Moscheen-Streit für sich zu nutzen. Die Frage stellt sich, ob Konflikte um islamische Gebetshäuser immer nur auf der Bezirksebene ausgetragen werden sollen – oder ob der Senat gefordert ist, seine Vorstellung von Religionsausübung und Stadtentwicklung deutlicher zu machen als bisher.

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hielt bislang nichts von übergeordneten Planungen für islamische Bauvorhaben. Von stadtweit gültigen Vorschriften über die Höhe von Minaretten, wie sie für Rotterdam mit seinen heftigen Einwandererkonflikten geschaffen worden sind, will im Senat niemand etwas wissen. Auch der Integrationsbeauftragte des Senats Günter Piening hält die Lösungsmöglichkeiten im Streitfall für ausreichend. Gebe es Konflikte um ein Kulturzentrum oder eine Moschee, müsse zuerst auf lokaler Ebene moderiert werden. Wenn das nicht ausreiche, um den Streit zu beenden, müsse der Senat ein Zeichen „für Toleranz“ setzen. Das sei in Pankow im Streit um das Ahmadiyyah-Projekt geschehen, sagt Piening.

Udo Wolf, Abgeordneter der Linkspartei, erinnert außerdem daran, dass der Senat das Pankower Bezirksamt gegen die Rechtsextremisten unterstützt habe. Mit Piening erinnert Wolf außerdem an das 2005 gegründet „Islamforum“ des Landes Berlin. Dort müssten Konflikte zum Beispiel über Bauvorhaben der Migranten besprochen werden. Tatsächlich befasste sich das Islamforum erst im August mit dem „Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften“. Es ging um die „Stimmung gegen Moscheebauvorhaben in Berlin“, um „Aktivitäten von Moscheegegnern“ – aber mehr ist von dieser Sitzung nicht zu erfahren.

Und mehr sei auch nicht in die Öffentlichkeit gedrungen, sagt Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Grundsätzlich müssten Moscheen genauso behandelt werden wie andere Bauvorhaben – aber von diesem Prinzip sei die Wirklichkeit weit entfernt. Eine „Ansage des Senats“ in Richtung Vielfalt der Religionen hält der Grünen-Politiker für wünschenswert. Die Landesregierung befasse sich mit Würstchenbuden am Brandenburger Tor – da könnte sich auch „langsam mal der Regierende Bürgermeister“ in Sachen Moscheen äußern.

Ratzmann will sich dieser Tage in Mannheim eine Moschee ansehen, deren Integration in die Stadt als beispielhaft gilt. Auch Mieke Senftleben, religionspolitische Fachfrau der FDP-Fraktion, findet, dass die Konflikte um die Moscheen mal im Senat thematisiert werden sollten. Sonst gebe es in jedem Bezirk dieselbe Art von Streit und Frust. CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger findet es falsch, religionspolitische Konflikte mit dem Baurecht zu lösen – „da gewinnt der Trickreichste“, sagt Pflüger. Doch so etwas wie einen Masterplan für Moscheen dürfe es auch nicht geben, das widerspreche der Religionsfreiheit. Der CDU-Politiker plädiert für einen Kriterienkatalog für die umstrittenen Gebäude – wobei Einheimische und Einwanderer die Kriterien gemeinsam festlegen sollen.

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