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Abgeordnetenhaus: S-Bahn schränkt Angebot wieder erheblich ein

In neuen Notfahrplan, der ab 24. Januar gilt, wird auf vielen Linien das Angebot weiter reduziert. Zudem müssen die Züge langsamer fahren.

Die S-Bahn schränkt ihr Angebot wieder erheblich ein. In ihrem Notfahrplan, den sie offiziell Winterfahrplan nennt, fahren die Züge nach Potsdam, Spandau und Wartenberg dann nur noch alle 20 Minuten; nach Hennigsdorf kommen sie nur noch halbstündlich. Auf dem Ring gibt es durchgehend einen Zehn-Minuten-Takt; die Zusatzfahrten in der Hauptverkehrszeit entfallen. Und die S 9 fährt von Schönefeld nur bis zur Greifswalder Straße und nicht mehr bis Pankow.

Die S-Bahn stellt, wie berichtet, zum 24. Januar ihren Fahrplan auf Tempo 60 um. Bisher war er für eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausgelegt. Aus Sicherheitsgründen müssen die meisten Bahnen aber ihr Tempo drosseln. Deshalb kann der Fahrplan kaum noch eingehalten werden, die Züge verspäten sich.

„Lieber einen weniger schlechten Fahrplan als einen ganz schlechten“, bewertet Christfried Tschepe vom Fahrgastverband Igeb die neuerlichen Betriebseinschränkungen. Der Verband hatte den 60 km/h-Fahrplan gefordert. Zumindest auf dem Ring und nach Potsdam müssten die Züge mit der maximal möglichen Zahl von acht Wagen fahren, fordert Tschepe.

Ohne Reaktion beim Senat bleibt ein offener Brief des ehemaligen S-Bahn-Geschäftsführers Ernst-Otto Constantin, der von 1996 bis 2002 Arbeitsdirektor war. Trotz einer auferlegten Verschwiegenheitsverpflichtung hatte er als Ursache der Misere den vom Konzern vorgegebenen Spardruck genannt. Die damalige Geschäftsführung habe nachdrücklich davor gewarnt, das „Optimierung S-Bahnen“ genannte Programm umzusetzen. Verantwortlich dafür sei der heute für den Personenverkehr zuständige Vorstand Ulrich Homburg gewesen. Die Bahn wies die Vorwürfe zurück.

Durch den damit verbundenen Stellenabbau auch in den Werkstätten habe das Unternehmen auf „lebensnotwendiges Know-how“ verzichtet, schrieb Constantin. Er schäme sich, dass die Unternehmensleitung „unsere S-Bahn-Familie unverzeihlich und ziemlich rabiat zerstörte.“ Der heutige Zustand der S-Bahn mit pannengeplagten Zügen sei voraussehbar gewesen. Vor dem Sparprogramm seien die Bahnen über zehn Jahre lang fast völlig störungsfrei gefahren – auch bei Schnee. Ein anderer ehemaliger leitender S-Bahner nannte gegenüber dem Tagesspiegel ebenfalls mangelhafte Wartung als Ursache der Misere.

Von einem seiner damaligen Geschäftsführer-Kollegen verlange die Bahn inzwischen Schadensersatz aus der Haftpflichtversicherung, teilte Constantin weiter mit. Warum man nicht ihre Nachfolger belange, sei ihm nicht klar.

Derweil ist Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) überzeugt davon, die „Abmahnung“ des Senats sei bei der Bahn als Signal angekommen. Das sagte Junge-Reyer in der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses zum „S-Bahn-Chaos“. Die Senatorin hält nichts davon, den Vertrag mit der S-Bahn zu kündigen. „Wir haben einen Vertrag, der muss erfüllt werden!“, sagte sie. Die Bahn müsse jetzt, wie Bahnchef Rüdiger Grube zugesagt habe, in die „dauerhafte Ertüchtigung“ der vorhandenen Fahrzeuge investieren. In der Debatte stritten Abgeordnetee von SPD und Grünen besonders heftig. Der SPD-Verkehrsexperte Christian Gaebler warf der grünen Spitzenkandidatin Renate Künast vor, sie habe als Ministerin die Bahnprivatisierung mitzuverantworten. Die Grüne Franziska Eichstädt-Bohlig sagte, nur SPD-Verkehrsminister hätten diese Politik stets vorangetrieben. kt/wvb.

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