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Berlin: Pflüger blitzt ab - und kämpft weiter

Nächtliche Chaossitzung der Berliner CDU: Fraktionschef Pflüger resigniert und überlegt es sich dann wieder anders. "Für faule Kompromisse stehe ich nicht zur Verfügung", sagt er - und strebt nun möglicherweise eine Vertrauensabstimmung an.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin - Die Berliner CDU geht zu ihrem Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger, weiter auf Distanz. Obwohl er für seinen Anspruch, ab 2009 auch den Landesverband zu führen, bei den CDU-Kreischefs während einer Krisensitzung in der Nacht zu Montag keine Mehrheit fand, ging Pflüger gestern erneut auf Konfrontationskurs gegen die konservative Parteimehrheit – und holte sich noch eine Abfuhr.

Er habe bei dem nächtlichen Treffen nur „unter großem Druck“ einem Kompromiss zugestimmt, erklärte Pflüger am Montag. Aber dieser Kompromiss sei faul. „Und für faule Kompromisse stehe ich nicht zur Verfügung.“ Nach gründlicher Überlegung halte er es weiterhin für richtig, die Ämter des Fraktions- und Parteivorsitzenden zusammenzulegen, um damit die politische Kraft der Berliner CDU zu bündeln. Der CDU-Fraktionschef verlas diese kurze Erklärung bei einer Pressekonferenz unter freiem Himmel und ließ keine weiteren Fragen zu. Daraufhin setzten sich die CDU-Kreisvorsitzenden erneut zusammen und wiesen Pflügers Kritik einstimmig zurück – verbunden mit der Ermahnung, dass „jeder, der Führung beansprucht, sich auch der Verantwortung für das Erscheinungsbild der Partei bewusst zu sein hat“.

Am heutigen Dienstag will Pflüger in der turnusmäßigen Sitzung der CDU-Abgeordnetenhausfraktion mit den Abgeordneten diskutieren. Möglicherweise strebt er eine Vertrauensabstimmung an. In CDU-Kreisen verlautete, dass Pflüger in diesem Fall nicht mit einer Mehrheit für sich rechnen könne. Ob er dann zurücktreten wird, blieb gestern offen. Aktiv unterstützt wird Pflüger in Partei und Fraktion fast nur von den mitgliederschwachen Bezirksverbänden im Ostteil Berlins.

Grüne und FDP, die beiden anderen Oppositionsparteien, reagierten entsetzt auf die Personalquerelen in der Union. Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig hält nach dem wahrscheinlichen Rückzug Pflügers aus der Berliner Politik „eine Zusammenarbeit mit der CDU nicht mehr für denkbar und greifbar“. FDP-Fraktionschef Martin Lindner hofft noch auf eine weitere „inhaltliche Öffnung der Union gegenüber der FDP und den Grünen“. Hierfür gebe es ansehnliche Leute wie den früheren Finanzsenator Peter Kurth oder die Bundestagsabgeordnete Monika Grütters.

Ansonsten befürchtet aber auch Lindner, dass die Berliner CDU „bald keine Rolle mehr spielt und das Schicksal der sächsischen SPD teilt“. Der SPD-Landeschef Michael Müller sprach von einem „absurden, unwürdigen Schauspiel“. Damit werde die Union ihrer Verantwortung als Volkspartei nicht mehr gerecht.

Nach aktuellen Meinungsumfragen liegt die Union in der Hauptstadt bei 21 Prozent der Wählerstimmen. Seit vier Jahren kommt die Partei bei Sonntagsfragen nicht mehr über 30 Prozent. Pflüger selbst, der im Juli 2006 auf einem CDU-Landesparteitag zum Spitzenkandidaten gekürt wurde, landet bei Umfragen mit seinen Beliebtheitswerten regelmäßig auf den hintersten Plätzen. Nach dem Scheitern des Volksbegehrens zum Flughafen Tempelhof, das Pflüger stark unterstützte, wurde die innerparteiliche Kritik am CDU-Fraktionschef lauter. Sie wurde begleitet von dem Richtungsstreit um eine Jamaika-Koalition für Berlin, die vielen Parteimitgliedern suspekt ist. Sollte Pflüger den Fraktionsvorsitz abgeben, könnte der konservative Innenpolitiker und CDU-Generalsekretär Frank Henkel den wichtigen Posten übernehmen.

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