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Berliner FDP: Liberale sehen rot

Die Berliner FDP diskutiert über Westerwelles Kampfansage an die Linke und stellt sich die Frage, ob die SPD noch ein möglicher Koalitionspartner ist.

„Freiheit statt Sozialismus“, sagte Guido Westerwelle – und seine Berliner Parteifreunde zogen ganz unterschiedliche Schlüsse aus der Kampfansage an die Linke. Landeschef Markus Löning nahm die Schärfe aus Westerwelles Worten: Die FPD, sagt er, sei eine Partei der Mitte. Fraktionschef Martin Lindner hingegen rüstete einen Tag später noch mal auf. Aber das, sagen beide, sei kein Widerspruch.

Zwei Stunden diskutierten die Liberalen, wie Lindner sagt, am vergangenen Dienstag über Westerwelles Worte. Gegen die Sozialisten sei „klare Kante gefragt“, hatte der FDP-Chef gesagt und seine Partei zur Wahrerin der Freiheit erklärt. Kaum einer habe die Kampfansage falsch gefunden. Doch Löning warnte danach, die FDP dürfe sich nicht durch die Linkspartei in eine „Blockkonfrontation“ drängen lassen. Die FDP müsse mit der Union und den Grünen koalitionsfähig sein – aber auch mit der SPD.

Linder sieht das ähnlich – im Prinzip. Er will seine regelmäßigen Angriffe auf Rot-Rot vor allem als Versuch verstanden wissen, den tiefroten Teil der Koalition zu treffen. „Wir sind die Antipoden zur Linken“, sagt Lindner – was bei den Berlinern auch inzwischen angekommen sein dürfte. Das sei die Chance der FDP in Berlin: deutlicher als alle anderen Freiheitsrechte zu betonen, Staatszuständigkeiten zu kritisieren, staatsferne Lösungen anzubieten. Allerdings, so auch die FDP-Abgeordnete Mieke Senftleben: Wenn Oskar Lafontaine Freiheit durch Sozialismus wolle, „dann müssen wir uns positionieren“.

Keine Fraktion erinnert so beharrlich wie die liberale an die Bestände des Landesvermögens, die man noch auf den Markt tragen könnte. Lindner versucht, dem Abgeordnetenhaus immer mal wieder nachzuweisen, dass Finanzsenator Thilo Sarrazin eigentlich ein Liberaler sei, der noch immer Spar- und Privatisierungspotenzial im Berliner Etat sehe und – wie die FDP – im Grunde für den Komplettverkauf der landeseigenen Wohnungen sei.

Dass Lindner dabei öfter mal den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit angeht, schade der Strategie nicht. Wowereit scheint das etwas anders wahrzunehmen. Mehr als einmal hat er Lindner in den Debatten der letzten Plenarsitzungen namentlich attackiert, als kalten Gegner alles Sozialen vorzuführen versucht und als Polemiker, der an den Bedürfnissen der Berliner vorbeirede. Weil in der Politik immer auch von Bedeutung ist, wie Politiker miteinander umgehen, spricht der große menschliche Abstand zwischen Wowereit und Lindner gegen jede theoretische Vorstellung künftiger Ampelkoalitionen – die Löning als Möglichkeit erhalten will.

Doch auch das sieht Lindner nicht als Problem seiner Strategie: Klaus Wowereit, sagt er, sei verbunden mit Rot-Rot. Er habe diese Koalition „ohne Not“ erneuert, statt bundesweit zu zeigen, dass er genauso gut mit den Grünen wie mit den Linken könne. Wenn die rot-rote Koalition in ein, zwei Jahren unter starken Druck durch den Linken-Vormann Oskar Lafontaine gerate und vielleicht scheitere, sei Wowereit politisch am Ende. Kurz: Der Regierende werde keine Gelegenheit haben, Lindner seine boshaften Bemerkungen nachzutragen.

In der FDP-Fraktion ist niemand von Gewicht zu finden, der diese Strategie für falsch hält und die Berliner Liberalen weiter in der Mitte sehen möchte. Das ist, wie der stellvertretende Fraktionschef Christoph Meyer findet, schon voll genug. Denn die Grünen seien noch immer eine tendenziell linke Partei. Werner van Bebber

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