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Exklusiv

Berliner Sozialdemokraten im Streit: SPD-Landeschef Müller kämpft um den Parteivorsitz

Die innerparteilichen Gegner, die dem linken SPD-Flügel angehören, wollen im Juni die Macht übernehmen. Müller sei zu sehr in die Senatsdisziplin eingebunden und könne deshalb das Profil der SPD nicht genügend schärfen, lautet die Kritik.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Michael Müller bietet den innerparteilichen Gegnern die Stirn und will die Parteiführung nicht aus der Hand geben. Der SPD-Landeschef wies am Mittwoch alle Gerüchte zurück, er wolle auf dem Wahlparteitag am 9. Juni nicht wieder als SPD-Vorsitzender kandidieren. „Ich sehe keinen Grund, auf meine Kandidatur, die ich im Herbst 2011 frühzeitig angekündigt hatte, zu verzichten“, sagte er im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Mir ist es wichtig, für die Berliner SPD als weiterhin führende und stabile Regierungspartei zu kämpfen.“ Er rechne sich für seine Wiederwahl durchaus gute Chancen aus.

Es gehe darum, dass für die Stadt auch in Zukunft eine „realistische, aber ambitionierte und gestaltende Politik“ gemacht werde, sagte Müller. Dies wolle er nicht nur als Senator für Stadtentwicklung, sondern auch als SPD-Landesvorsitzender weiterführen. Er fühle sich in dieser doppelten Rolle vom Regierenden Bürgermeister und Parteifreund Klaus Wowereit voll unterstützt. „Wir beide arbeiten sehr gut zusammen.“

Die Kritik der Parteilinken, dass Müller zu sehr in die Senatsdisziplin eingebunden sei und deshalb das Profil der SPD nicht genügend schärfen könne, lässt der Senator nicht gelten. „In manchen Bundesländern sind die SPD-Landeschefs sogar gleichzeitig Ministerpräsidenten.“ Außerdem staune er sehr, dass diese innerparteiliche Kritik ausgerechnet von denen komme, die selbst Stadtrat oder Bezirksbürgermeister waren oder sind und dies ebenfalls mit einem Parteiamt auf bezirklicher Ebene verbänden. „Ich stehe für eine starke SPD und für soziale Gerechtigkeit in der Koalition.“

Als möglicher Gegenkandidat, der Müller die Führung des SPD-Landesverbands streitig machen will, gilt der Verwaltungsrichter und ehemalige Finanz-Stadtrat Jan Stöß. Er ist Sprecher des linken SPD-Flügels, organisiert in der „Berliner Linken“, und Kreischef von Friedrichshain-Kreuzberg. Stöß werden derzeit gute Chancen nachgesagt, bei einer Kampfkandidatur auf dem Landesparteitag im Juni als Sieger vom Platz zu gehen. Müller, der seit 2004 SPD-Landeschef ist, sagt: „Einen Freifahrtschein gibt es nicht. Mich nur dann zur Wahl zu stellen, wenn die Mehrheiten von vornherein sicher sind, ist meine Sache aber nicht.“ Außerdem teile er nicht die Einschätzung, sagt Müller, dass die Partei nicht mehr mehrheitlich hinter ihm stehe. Andere hätten jedenfalls bisher „nicht den Mumm, sich öffentlich zu erklären“.

Stöß ist nur ein potentieller Gegenspieler für Müller

Der linke Gegenspieler Stöß ist momentan nur ein potenzieller Kandidat. Dem Vernehmen nach will er bis Anfang Mai entscheiden, ob er tatsächlich gegen Müller antritt.

Der SPD-Landesvorsitzende betonte, dass es bisher auch vom linken Parteiflügel keine inhaltliche Kritik an seiner Arbeit gebe. Müller versprach, auch in den nächsten Jahren die Debatte in der SPD als größter Regierungspartei voranzutreiben, „wie Berlin gestaltet werden soll“. Das sei entscheidend – und nicht die Auseinandersetzung um Ämter und Mandate. „Ich glaube, das sehen die meisten Parteimitglieder so, und selbstverständlich werde ich mit eigenen inhaltlichen Vorschlägen und einem Team antreten, in dem sich die Partei wiederfindet.“

Deshalb ist Müller nach wie vor bereit, sich einem politisch verbindlichen Mitgliedervotum zu stellen. „Ich stelle mich natürlich auch einer Wahl auf dem Parteitag, aber wie sich die SPD in Berlin in Zukunft inhaltlich und personell aufstellt, interessiert alle Parteimitglieder, nicht nur die Funktionäre.“ Der Vorschlag, den nächsten SPD-Landeschef über ein Mitgliedervotum von der Basis bestimmen zu lassen, sei keineswegs vom Tisch und werde in vielen Ortsverbänden diskutiert, sagte Müller. „Das bleibt Thema auch auf einer der nächsten Landesvorstandssitzungen.“

Zu der Frage, ob die Wahl des Landesvorsitzenden im Juni 2012 schon Einfluss haben wird auf die Nominierung des SPD-Spitzenkandidaten 2016, sagte Müller: „Das wird 2015 entschieden.“

Trotzdem gilt der SPD-Landeschef, der bis Dezember 2011 über zehn Jahre auch die Abgeordnetenhausfraktion führte, als ein möglicher Nachfolger Wowereits. Es gilt aber nicht als völlig ausgeschlossen, dass Wowereit noch einmal antritt. Der Machtkampf in der Berliner SPD dreht sich aber nicht nur um das Führungspersonal, sondern auch um die Frage, wie sich die langjährige Regierungspartei im Wettbewerb mit anderen Parteien weiter behaupten kann.

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