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Bildung: Eltern wollen Ganztagsschulen retten

Sechs Grundschulen, die Millionenbeträge aus dem Ganztagsschul-Bauprogramm des Bundes erhalten haben, wollen das Konzept offenbar streichen. Elternvertreter fordern nun, unflexible Lehrer und Rektoren zu versetzen.

„Wenn Schulleiter oder Lehrer nicht mitmachen wollen, muss man sie eben versetzen“. Landeselternsprecher André Schindler findet deutliche Worte, wenn es um die Drohungen von Ganztagsschulen geht, wegen Lehrer- oder Erziehermangel ihre Ganztagskonzepte aufzugeben. Seines Erachtens sind die Probleme nicht nur im Personalmangel, sondern auch in fehlender Flexibilität begründet.

Anlass für Schindlers Vorstoß sind ständig wiederkehrende Ankündigungen aus Schulen, wieder zum Halbtagsbetrieb zurückzukehren, da das Personal nicht ausreiche, um die Kinder den ganzen Tag über gut zu betreuen. Die Schulen argumentieren, dass die Kinder am Nachmittag zu müde seien für Unterricht. Daraus folgt, dass die Lehrer mittags nach Hause gehen und die Nachmittagsbetreuung ausschließlich zulasten der Erzieher geht. Ihre Zahl reicht dafür aber nicht aus.

Das müsse sie auch gar nicht, sagt dazu die Bildungsverwaltung , die sich unter „Ganztagsschule“ etwas anderes vorgestellt hat. Sie will, dass Unterricht und Entspannung sich abwechseln. Das bedeutet, dass Lehrer am Vormittag auch mal Zeit für andere Aufgaben haben und dafür am Nachmittag mehr unterrichten müssen. Die Erzieher könnten dann verstärkt am Vormittag eingesetzt werden.

In der Praxis schafft dieses Modell Verdruss: Die Lehrer können mit den unterrichtsfreien Stunden zwischendurch wenig anfangen, weil viele Schulen ihnen keine Arbeitsplätze bieten, an denen sie Klausuren korrigieren oder Unterricht vorbereiten könnten. Zudem sind sie dies nicht gewohnt. „Das widerspricht den Lebenserfahrungen von Jahrzehnten“, wirbt Erhard Laube um Verständnis für diese Haltung. Der frühere GEW-Vorsitzende leitet die Spreewald- Ganztagsschule in Schöneberg und kennt die Probleme. Er plädiert dafür, den Lehrern mehr Zeit zu geben, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen. Insgesamt hält er das Ganztagsschulmodell nämlich für richtig.

Auch der Landeselternausschuss ist davon überzeugt. Deshalb hat er die Verwaltung aufgefordert, „die notwendigen Entscheidungen auf personeller Ebene zu treffen“, um den Ganztagsbetrieb konsequent umzusetzen. Wobei mit den „notwendigen Entscheidungen“ nichts anderes gemeint ist als die von Schindler geforderte Versetzung unwilliger Pädagogen.

Zudem erhofft sich der Landeselternausschuss eine „höhere Flexibilität“ der Schulen, wenn sie nicht mit öffentlich angestellten Erzieherinnen, sondern mit freien Trägern zusammenarbeiten. In dieser Richtung solle der Senat doch mal die bisherigen Erfahrungen auswerten. Zu diesen Erfahrungen gehört, dass eine der Grundschulen, die stets über Erziehermangel klagt, monatelang „übersah“, dass ihre Erzieherinnen weniger arbeiteten als nötig, weil ihre Mittagspausen als Arbeitszeit deklariert worden waren.

Dem Vernehmen nach spielen zurzeit sechs Grundschulen mit dem Gedanken, das Ganztagsmodell zu streichen. Zwei von ihnen haben schon entsprechende Gremienbeschlüsse gefasst – die Hellersdorfer Grundschule am Hollerbusch und die Zehlendorfer Kronach-Grundschule. Ob die Abkehr rechtlich möglich ist, nachdem sie Millionenbeträge aus dem Ganztagsschul-Bauprogramm des Bundes bekommen haben, ist aber fraglich.

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