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CDU-Machtkampf: Pflüger spricht von "faulem Kompromiss"

Die Krise in der Berliner CDU spitzt sich zu. Wenige Stunden, nachdem Friedbert Pflüger seine Entscheidung, nicht für den Partei-Landesvorsitz zu kandidieren, bekannt gegeben hatte, bezeichnete er sie als "faulen Kompromiss". Die Kreischefs distanzierten sich daraufhin von ihm.

Der Fraktionschef Friedbert Pflüger (CDU) verlas am Montag unter freiem Himmel nahe seiner Privatwohnung vor einem riesigen Medienaufgebot eine knappe, schriftliche Erklärung. Die kurzfristige Einladung und der Ort der Pressekonferenz hatten die Vermutung nahe gelegt, dass der Politiker nach seiner Niederlage und dem damit zusammenhängenden Gesichtsverlust das Handtuch wirft und sein Amt aufgibt. Der Auftritt dauerte keine fünf Minuten, Nachfragen wurden nicht zugelassen. Pflüger erklärte, er habe in der Runde mit den Kreischefs "unter großem Druck" einem Kompromiss zugestimmt, der "faul" sei. Für "faule Kompromisse" stehe er aber nicht zur Verfügung. Er halte es nach wie vor für richtig, die Ämter des Fraktions- und Landesvorsitzenden personell zusammenzulegen, um die "politische Kraft der Union zu bündeln und zu stärken". Der CDU-Politiker bat um Verständnis dafür, das er "alle damit in Zusammenhang stehenden Fragen" zunächst mit der Fraktion beraten werde. Die Interpretation der Äußerungen überließ er den Journalisten.

Der Rückzieher vom Rückzieher

Der 53-jährige ehemalige Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium macht damit einen Rückzieher vom Rückzieher. Er hatte bei der nächtlichen rund sechsstündigen Sitzung seine erst am Donnerstag angekündigte Kandidatur für den Landesvorsitz zurückgenommen. Er begründete seinen Schritt, mit dem er Amtsinhaber Ingo Schmitt öffentlich herausforderte, mit Gerüchten über einen angeblichen innerparteilichen Putsch gegen ihn. Hintergrund sind vermutlich vielmehr die schlechten Umfragewerte der Partei, die Unbeliebtheit Pflügers in den Meinungsumfragen und ein Streit um die inhaltliche Ausrichtung der CDU.

Die CDU-Kreischefs distanzieren sich von Pflüger

Schmitt sagte, er sei "menschlich sehr getroffen", weil er den aus Niedersachsen stammenden Politiker 2006 für die Spitzenkandidatur erst nach Berlin geholt habe. Doch auch bei Pflüger-Unterstützern gab es Kritik am Zeitpunkt der Verkündung der Kandidatur. Der ehemalige CDU-Landeschef Joachim Zeller bezeichnete den gewählten Termin als "falsch", zumal der Partei die Kandidatenaufstellung für die Bundestags- und Europawahl ins Haus stehe, die möglicherweise ohnehin nicht ganz konfliktfrei sein wird. Die zwölf CDU-Kreischefs haben am Montag die Aussage Friedbert Pflügers zurückgewiesen, die in der Krisensitzung in der Nacht gefundene Lösung sei ein "fauler Kompromiss" gewesen. Sie hätten Pflüger vielmehr einen Weg aufgezeigt, wie man die Personaldiskussion hätte beenden können. Dies habe auch der Erwartung der 12. 500 Parteimitglieder entsprochen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Sie bedauerten, dass der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende an diesem Ergebnis nicht mehr festhalten wolle. Dabei erwarteten sie "von jedem, der Führung beansprucht, sich auch der Verantwortung für das öffentliche Erscheinungsbild der Partei bewusst zu sein".

Pflüger will nicht aufgeben

Ungeachtet der jüngsten Auseinandersetzungen will Pflüger offenbar noch nicht ganz aufgeben. Er hofft vermutlich darauf, wenigstens in der Fraktion eine Mehrheit für seine Positionen zu finden. Der Fraktionschef wird zum liberalen Flügel der Partei gerechnet und gilt als energischer Verfechter einer "Jamaika-Koalition" von CDU, Grünen und FDP. Mit einem solchen Bündnis unter seiner Führung will er bei der Abgeordnetenhauswahl 2011 die rot-rote Koalition ablösen und für die Union auf Landesebene die Macht zurückerobern. (ddp)

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