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Scientology

© Mike Wolff

Charlottenburg: Scientology ohne Haltestelle?

Wenn Fahrgäste am Busstopp vor der Zentrale der Organisation in Charlottenburg aussteigen, werden sie häufig von Scientology-Mitarbeitern belästigt. CDU und SPD wollen den Halt deshalb verlegen. Ab Dezember soll es außerdem eine Beschwerdestelle beim Ordnungsamt geben.

Wer zu Scientology will, kann mit dem Bus direkt vor die Tür fahren. Auch wer nicht zu Scientology will, muss in der Otto-Suhr-Allee direkt vor ihrer Tür aussteigen. Dieser Umstand stört Anwohner, Schuldirektoren und Bezirkspolitiker seit langem. Morgen wollen die Fraktionen von CDU und SPD einen Antrag in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf einbringen, wonach die Bushaltestelle vor der Scientology-Zentrale verlegt werden soll.

„Sobald jemand aus dem Bus aussteigt, wird er von Scientology-Mitarbeitern massiv belästigt. Dagegen müssen wir etwas tun“, sagt Stephanie Zeugner, jugendpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Scientology-Mitarbeiter würden auf Bus-Fahrgäste, die an der Haltestelle aussteigen, „zugeschossen kommen“ und sie mit Werbebroschüren bedrängen. Viele Bürger hätten sich bei ihr deswegen beschwert. Fréderic Verrycken, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bezirk, ergänzt: „An dieser Haltestelle steigen viele Schüler aus, die wollen wir schützen.“

Der Direktor der Ludwig-Cauer- Grundschule um die Ecke, mäßigt die Besorgnis etwas, seine Schüler hätten ihm in den vergangenen Wochen von keinen Belästigungen berichtet. Dennoch würde auch er die Verlegung der Haltestelle „begrüßen“. „Das würde mir große Erleichterung verschaffen“, sagt Manfred Kammerer. Auch dem Charlottenburger Jugendstadtrat Reinhard Naumann (SPD) wäre es lieber, wenn die Busse nicht an einem solch „prominenten Ort“ halten würden.

CDU und SPD wollen die Haltestelle 100 Meter versetzen, über die Ampel an der Cauerstraße hinweg. Die Scientology-Zentrale hat ihren Sitz Otto-Suhr-Allee, Ecke Cauerstraße. Falls sich der Bezirk zur Verlegung entschließt, muss ein entsprechender Antrag an die Stadtentwicklungsverwaltung des Senats gerichtet werden, die dann die BVG mit der Versetzung von Haltestelle und Wartehäuschen beauftragt. „Das ist kein einfaches Unterfangen“, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz. Die Verlegung einer Haltestelle koste Geld, auch müssten Fahrpläne und die Ampelschaltung verändert werden, die sich nach den Bussen richtet. Eine Haltestelle könne auch höchstens um 100 Meter verlegt werden, denn der Abstand zwischen zwei Haltepunkten sei gesetzlich geregelt. Reetz gibt zu bedenken, ob Scientology Mitarbeiter nicht auch 100 Meter weiter auf Aussteigende zugehen könnten: „Was also bringt das?“ Auch in der Stadtentwicklungsverwaltung ist man skeptisch. „Ob die 100 Meter den Kostenaufwand rechtfertigen“, fragt Sprecherin Petra Rohland. Wie hoch die Kosten wären, konnten gestern aber weder sie noch die BVG sagen.

Die CDU-Fraktion will außerdem einen Runden Tisch im Bezirk ins Leben rufen, an dem sich Schulen und Jugendeinrichtungen über ihre Erfahrungen mit Scientology austauschen können. Ab 1. Dezember will der Bezirk außerdem eine Beschwerdestelle beim Ordnungsamt im Rathaus einrichten. „Auch wenn die akute Belästigung zurückgegangen ist, wir sind auf der Hut“, sagt Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte (SPD).

Er und sein Schulstadtratskollege haben den Eindruck, Scientology nehme sich schwerpunktmäßig bestimmte Bezirke vor. Im Moment sei Spandau dran. Die dortige Jugendstadträtin hat kürzlich ein Werbepaket von Scientology erhalten. Auf der Broschüre „Der Weg zum Glücklichsein“ sei schon ihr Name aufgedruckt gewesen, sagt Ursula Meys (SPD). „Das fand ich schon sehr merkwürdig.“

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