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Kein Rückfahrtsschein. Wer in Berlin antritt, muss auch in Berlinbleiben, meint zumindest Klaus Wowereit.

© dpa

Debatte um Künast: Ist Spitzenkandidatur mit Rückfahrschein legitim?

Klaus Wowereit fordert von der grünen Spitzenkandidatin, "ohne Rückfahrschein in die Bundespolitik" zu kandidieren, also auch im Falle einer Niederlage im Abgeordnetenhaus zu bleiben. Muss das sein? Was meinen Sie?

PRO:

Renate Künast ist nicht auf der Suche nach einem Posten. Sie muss gewinnen wollen, wenn sie in Berlin Wahlkampf macht. Sie wird sich vertraut machen mit Berliner Problemen und Gefühlslagen, aber sie muss sich nicht an die Stadt fesseln. Nichts anderes verlangt der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, wenn er von Künast einen „Ganz-oder-gar-nicht“-Wahlkampf verlangt: Wenn Du verlierst, musst Du zur Strafe fünf Jahre im Abgeordnetenhaus sitzen, als eine von drei Oppositionsspitzen. Ausgerechnet Wowereit, der monatelang an städtischem Problemkleinkram kein Interesse hatte, weil er meinte, sich für die politische Bundesliga warm machen zu müssen. Dass er jetzt „ganz“ auf Berliner Politik konzentriert ist, dürfte mit seinem Bundesliga-Misserfolg zusammenhängen. Nichts spricht dagegen, dass ein Politiker einen klugen, engagierten Wahlkampf hinlegt und erst nach der Wahl darüber nachdenkt, wie er mit dem Ergebnis umgeht. Künast ist der Stadt eng verbunden – was soll da dieses provinzielle Ansinnen, hier auf Gedeih und Verderb fünf Jahre Politik zu machen? Ideen werden dadurch nicht besser. Auch Politiker haben das Recht auf eine persönliche Lebensplanung. Wer für den Fall der Wahlniederlage eine Rückfahrkarte in die Bundespolitik will, soll sie haben. Werner van Bebber

CONTRA:

So viel ist klar: Renate Künast will nur Regierende Bürgermeisterin werden. Sie spielt alles oder nichts – entweder der Chefsessel im Roten Rathaus oder wieder zurück in die Bundespolitik. Man kann sich ja leicht das persönliche Dilemma der Kandidatin vorstellen, die als Fraktionschefin im Bundestag zu den herausgehobenen Politikern der Republik gehört. Beim klapprigen Zustand der schwarz-gelben Koalition ist auch durchaus vorstellbar, dass sich auf Bundesebene unverhofft neue Aufgaben stellen könnten. Aber vertragen sich persönliche Karriereabwägungen mit dem Anspruch, in der Hauptstadt die von Künast beklagten politischen Verkrustungen aufzubrechen und Berlin mit grünem Schwung zum Ort eines Aufbruchs in eine bessere Zukunft für alle Berliner zu machen? Leicht könnten die Wähler auf den Gedanken kommen, das sei alles nicht so ernst gemeint mit der Sorge um Berlin, wenn die Kandidatin nur als Siegerin auch nach dem Wahltag bleiben mag. Dabei ist doch möglich, dass die Grünen nach der Wahl im September 2011 als kleinerer Koalitionspartner Verantwortung übernehmen können. Berlin muss man ganz wollen – und notfalls auch von der Oppositionsbank aus die Stadt voranbringen. Wenn ihr mich nicht wollt, dann bin ich wieder weg – das klingt ein wenig nach beleidigter Leberwurst. Gerd Nowakowski

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