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Schön hier. Aber waren Sie schon in Berlin? In der ganzen Welt wirbt Klaus Wowereit für die Hauptstadt, wie etwa hier in Indien (2012).

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Dienstreisen: Berlins Regierender Reiseleiter

Am Sonntag geht’s nach Vietnam. Es ist eine von vielen Dienstreisen Klaus Wowereits. Laut Verfassung vertritt er Berlin nach außen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Eine Dienstreise, das ist die Chance, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Das gilt jedenfalls für Ausflüge in die weite Welt, die für Politiker, Wirtschaftsleute und Wissenschaftler unverzichtbar geworden sind. Der persönliche Kontakt lässt sich nun mal nicht durch Videokonferenzen und Mails ersetzen. Und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gehört zu denen, die bei Reisen ins Ausland in der Regel einen starken Auftritt haben, mühelos Kontakte knüpfen und Berlin so vertreten, wie die Stadt ist: lebensfroh, manchmal etwas schluffig und chaotisch, aber der Zukunft zugewandt.

Klaus Wowereit als Türöffner

Am Sonntag fliegt Wowereit, wie berichtet, mit Vertretern der mittelständischen Wirtschaft, des Tourismus-Marketings und der Hochschulen für vier Tage nach Vietnam. Damit die Delegation mit den Regierungspolitikern und Geschäftsleuten in Ho-Chi-Minh-Stadt und Hanoi gut ins Gespräch kommt, schlüpft der Regierungschef in eine klassische Rolle – als Türöffner. Denn: Wenn wichtige Politiker mit auf Auslandsreise gehen, fühlen sich die Gastgeber ernst genommen. So mancher Geschäfts- oder Vertragsabschluss kommt dann leichter zustande.

Es ist eine von vielen Dienstreisen, die Wowereit in dieser Wahlperiode unternommen hat. Seit Ende 2011 besuchte er Berlins Partnerstädte Madrid, Paris, Warschau und Taschkent. Zwei große Wirtschaftsreisen führten ihn nach Indien sowie in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Katar, jedes Mal begleitet von Repräsentanten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung. Bei der Vorbereitung solcher Reisen spielt die Industrie- und Handelskammer Berlin-Brandenburg (IHK) eine wesentliche Rolle.

In Frankreich enthüllte Wowereit 2009 ein Original-Teilstück der Berliner Mauer.
In Frankreich enthüllte Wowereit 2009 ein Original-Teilstück der Berliner Mauer.

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Zum Repertoire gehörten aber auch Flüge nach Brüssel zur Europäischen Kommission oder nach Zagreb, um mit dem dortigen Bürgermeister über den EU-Beitritt Kroatiens zu reden. Immerhin leben in Berlin mehr als 10 000 Kroaten – und übrigens mehr als 14 000 Vietnamesen. Es gab aber auch Sondermissionen: So reiste Wowereit zum Halbfinale der Fußball-EM nach Warschau und besuchte Berliner Teilnehmer der Olympischen Spiele in London. Er war Passagier beim ersten Direktflug von Air Berlin nach Chicago, präsentierte die Hauptstadt als Schaufenster der E-Mobilität in Wien und war Augenzeuge, als Berlins Erzbischof Rainer Maria Woelki in Rom vom Papst zum Kardinal ernannt wurde.

„Dienstreisen dienen der Interessenvertretung des Landes Berlin“, sagt die Senatskanzlei zu alledem. Dazu zählten die Förderung „und weitere Internationalisierung des Wirtschaftsstandortes“. Auch wirbt Berlin global für sich als Investitionsstandort, Reiseziel und Austragungsort von Großveranstaltungen. Daneben müssen die 17 Partnerschaften mit Städten wie Peking und Los Angeles, Moskau und Windhuk gepflegt werden. Und zum Pflichtprogramm gehört es, der deutschen Hauptstadt in den Gremien der EU Gehör zu verschaffen.

Journalisten werden schon lange nicht mehr zu Dienstreisen eingeladen

In seiner langen Amtszeit verreiste Wowereit nebenbei als Bundesratspräsident (2001-2002), zum Beispiel nach Australien. Und als „Bevollmächtigter des Bundes für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrages über die Deutsch-Französische Zusammenarbeit“ (2007-2010) war er oft in Frankreich unterwegs. Doch es überwog die Rolle als „Außenvertretung Berlins“, die in der Landesverfassung verankert ist. Zu Beginn seiner Amtszeit gab es manche Kritik, etwa an der Reise in die Partnerstadt Mexiko-City vor zehn Jahren. Der Sturm hat sich längst gelegt, Wowereit lädt auch schon lange keine Journalisten mehr ein, ihn (auf Kosten der Verlage) zu begleiten. Die Senatskanzlei verfügt über einen jährlichen Dienstreise-Etat von 110 000 Euro. Jede Reise wird öffentlich angekündigt.

Von Brüssel bis Kabul - das Parlament wird reiselustig

ABGEORDNETENHAUS

Im Landeshaushalt für das nächste Jahr stehen 5,8 Millionen Euro für Dienstreisen, davon nur 190 000 Euro für Abgeordnete, Parlamentsausschüsse und andere Gremien der Volksvertretung. Brüssel und Moskau, Breslau und Istanbul gehörten schon zu den Reisezielen des Abgeordnetenhauses. Der Bedarf werde ab 2014 deutlich steigen, kündigte das Parlament an. Dabei werde sich „die neu geschaffene Möglichkeit europapolitischer Informationsreisen bemerkbar machen“.

SENAT

Senatsverwaltungen und andere Behörden dürfen im nächsten Jahr also rund 5,6 Millionen Euro für Dienstreisen ausgeben. Das Geld ist für alle Bediensteten da, nicht nur für Senatoren und Staatssekretäre, die seit Beginn der Wahlperiode bis Ende März dieses Jahres 64 Reisen machten – hauptsächlich innerhalb Europas, aber auch nach China, Ägypten und Afghanistan.

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