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Direkte Demokratie: Nur in Hamburg hat der Bürger mehr zu sagen

Bei den Volksbegehren belegt Berlin bundesweit den zweiten Platz. Die Initiative "Mehr Demokratie" fordert weitere Reformen und will das Beteiligungsquorum abschaffen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wenn es um Volksbegehren und andere Formen der direkten Demokratie geht, belegt Berlin hinter Hamburg einen guten zweiten Platz. „Die Bürger nutzen die Gelegenheit, sich in die Landespolitik einzumischen“, sagte Michael Efler, Vorstandssprecher von „Mehr Demokratie“. Trotzdem forderte er am Dienstag, als die Initiative ihren Jahresbericht 2010 vorstellte, weitere Reformen: Bei Volksentscheiden sollte das Beteiligungsquorum von 25 Prozent abgeschafft werden.

Denn bei der Abstimmung zur Offenlegung der Wasserverträge im Februar gelang es in Berlin zum ersten Mal, diese Hürde zu überspringen. Die Volksentscheide zum Flughafen Tempelhof und zu „Pro Reli“ scheiterten an mangelnder Teilnahme. Nach der Wahl im September könnte ein neuer Versuch gestartet werden, die Quoren für die Volksgesetzgebung mindestens zu senken.

Momentan werden in Berlin zwei Volksbegehren vorbereitet. Eine Initiative zur Verbesserung der Hortbetreuung legte Anfang 2011 genügend Unterschriften vor. Bis zum 21. April hat das Abgeordnetenhaus Zeit, die Forderungen zu übernehmen. Ansonsten startet das Begehren, das von mindestens 172 000 wahlberechtigten Berlinern unterstützt werden muss, damit es zum Volksentscheid kommt. Für ein anderes Volksbegehren zur „Ernennung des Flughafens Tempelhof zum Weltkulturerbe“ wurden schon 2009 ausreichend Unterschriften gesammelt. Aber das Verfahren ruht, denn das Landesverfassungsgericht muss noch darüber entscheiden, wieweit die Forderungen zulässig sind.

Dann gibt es in Berlin noch zwei Volksinitiativen. Die Initiative „Schule in Freiheit“ hat erreicht, dass sich das Abgeordnetenhaus derzeit mit ihrem Anliegen befasst. Auch das Bündnis für einen besseren Nichtraucherschutz dürfte es schaffen, 20 000 Unterschriften zu sammeln, damit das Parlament über die Forderung berät. In Berlin gab es bisher 23 Volksabstimmungen, außerdem 31 bezirkliche Bürgerbegehren, von denen zwei noch nicht abgeschlossen sind: gegen den Umbau der Kastanienallee in Prenzlauer Berg und für die Erhaltung der Sportanlage „Birkenwäldchen“ in Köpenick.

In Brandenburg haben es die Bürger schwerer, direkte Demokratie auszuüben. Dort gab es noch nie ein erfolgreiches Volksbegehren, geschweige denn einen Volksentscheid. Das liegt nicht an fehlendem Interesse, denn seit 1992 wurden auf Landesebene 34 Volksinitiativen und acht Volksbegehren initiiert. „Der Wille ist vorhanden, die gesetzlichen Regelungen verhindern sie aber“, kritisierte Efler. Zurzeit wird im Landtag in Potsdam über eine Reform der Volksgesetzgebung diskutiert. Um Schwung in die Sache zu bringen, startet „Mehr Demokratie“ am Freitag eine zweiwöchige „Demokratie-Tour“ quer durchs Land. Gefordert wird, dass Unterschriften für Volksbegehren nicht in den Ämtern, sondern auf der Straße gesammelt werden. Außerdem solle das Beteiligungsquorum abgeschafft werden.

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