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Berlin: Drohung erfolgreich: Neukölln bringt Jugendliche in Arbeit Mehr Betreuung und Sanktionen zeigen Wirkung

Jedem fünften unter 25-Jährigen wird Hartz gekürzt

Das Neuköllner Programm, arbeitslose Jugendliche besser und schneller zu betreuen, zeigt erste Erfolge. In den vergangenen zwölf Monaten ist die Arbeitslosigkeit bei den unter 25-Jährigen zurückgegangen. Aufgrund der schwierigen Sozialstruktur des Bezirks wird besonders positiv bewertet, dass Neukölln nicht mehr von der Gesamtberliner Entwicklung abgekoppelt ist. Denn nirgendwo in Berlin ist die Hartz-IV-Quote so hoch wie in Neukölln, wo jeder dritte Bewohner von diesen Leistungen lebt.

Berlinweit ist die Zahl arbeitsloser Jugendlicher innerhalb eines Jahres um 17,9 Prozent auf derzeit 26 000 gesunken; in Neukölln ist der Rückgang mit 17,6 Prozent nur unwesentlich geringer ausgefallen. „Dabei haben wir es hier ungleich schwerer als etwa Steglitz-Zehlendorf oder Charlottenburg-Wilmersdorf“, sagt Jobcenter-Geschäftsführer Dietmar Jarkow. Auch die gute Konjunktur trägt dazu bei, dass selbst Jugendliche ohne Schulabschluss und Berufsausbildung einen Arbeitsplatz finden. Derzeit sind in Neukölln 3200 Jugendliche ohne Arbeit, 2700 von ihnen betreut das Jobcenter. Die Quote beträgt 22,3 Prozent.

Gut die Hälfte dieser Jugendlichen gilt als „integrationsfern“ und braucht aufwändige Betreuung. Viele von ihnen sind unmotiviert. Aus diesem Grund beschlossen Jobcenter und Bezirksamt vor einem Jahr das Projekt „Junges Neukölln“, das im Februar dieses Jahres startete. Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) hatte zudem härtere Sanktionen für Arbeitsverweigerer angedroht. Jugendliche erhalten von dem Moment an, wenn sie ihren Antrag auf Arbeitslosengeld II stellen, ein Angebot für eine Maßnahme. In der überwiegenden Zahl der Fälle werden sie in eine Trainingsmaßnahme oder einen Ein-Euro-Job vermittelt.

Mit der Motivation hapert es bei vielen jungen ALG-II-Empfängern allerdings nach wie vor. Im September wurden jedem fünften Jugendlichen die Leistungen gekürzt. In 80 Prozent der Fälle hatten sie Termine bei ihren Beratern oder Fallmanagern nicht wahrgenommen; dann kann das Jobcenter zehn Prozent des ALG II einbehalten. Drei Jugendlichen wurden in dem Monat die Leistungen komplett gestrichen, weil sie wiederholt Maßnahmen oder Arbeitsangebote abgelehnt hatten. „Die Sanktionen stehen aber nicht im Vordergrund“, sagt Jarkow. Denn oftmals helfe die Familie den Jugendlichen finanziell weiter, so dass die Kürzung des Geldes von diesen gar nicht wahrgenommen werde: „Das Geld allein ist kein Anreiz.“ Bundesweit Beachtung fand das Projekt „Päd-Camp“, in das das Jobcenter die schwersten Fälle vermittelt. Dort sollen sie an grundlegende Tugenden wie Pünktlichkeit, Ordnung und Zuverlässigkeit gewöhnt werden. Ungefähr jeder zehnte der bisher 300 Teilnehmer hat danach einen Job gefunden. Das klingt wenig – für den Jobcenter-Chef ist es dennoch ein Erfolg: „Die Jugendlichen hätten wir sonst überhaupt nicht erreicht.“

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