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Finanzkrise: Grüne fordern Haushaltssperre

Angesichts wachsender Schuldenberge durch die Finanzkrise sehen die Grünen die Handlungsfähigkeit des Senats gefährdet. Sie fordern eine Haushaltssperre als "psychologisches Signal".

Die Flut außerplanmäßiger Ausgaben ohne Gegenfinanzierung müsse in Berlin gestoppt und die Haushaltsdisziplin wiederhergestellt werden, sagte Haushaltsexperte Jochen Esser am Donnerstag. Mit der strikten Ausgabenbegrenzung sollte nach dem Vorbild anderer Bundesländer wie Bremen oder Niedersachsen das "psychologische Signal" ausgesendet werden, "dass die Party vorbei ist". Ausgenommen werden müssten nur die Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur. Die Koalition ist in der Frage noch unentschlossen. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) will sich dazu nach Angaben eines Sprechers derzeit nicht äußern.

Nach Angaben Essers hat Rot-Rot in den vergangenen Jahren jeweils zusätzliche Ausgaben in dreistelliger Millionenhöhe genehmigt. 2007 lagen sie demnach bei 324, im Vorjahr bei 264 Millionen Euro. Für dieses Jahr sei mit dem ersten Nachtragshaushalt ein Zuschlag von 355 Millionen Euro vorgesehen, wobei die Aufwendungen für die Konjunkturmaßnahmen herausgerechnet wurden. Das könne so nicht weitergehen, betonte Esser.

Linke gegen Haushaltssperre

Die Handlungsfähigkeit Berlins sei "eindeutig gefährdet", schätzte der Politiker ein. Aus derzeitiger Sicht müssten bis 2013 rund 13,5 Milliarden Euro neue Schulden gemacht werden. Zu den 11,4 Milliarden Euro aus den erwarteten jährlichen Defiziten komme hinzu, dass die Rücklage aus dem Verkauf der Landesbank von 2,1 Milliarden Euro aufgebraucht werde. Die neuen Schulden würden bereits bei einem Zinssatz von vier Prozent jährliche Zinsbelastungen von einer halben Milliarde Euro nach sich ziehen.

SPD-Haushaltsexperte Stefan Zackenfels hält eine Haushaltssperre für "durchaus erwägenswert". Die Einspareffekte seien zwar gering, aber "Kleinvieh macht auch Mist". Linke-Haushaltsexpertin Jutta Matuschek steht der Idee dagegen ablehnend gegenüber. Die geringen Einsparungen stünden in keinem Verhältnis zu den höheren Verwaltungskosten bei der Umsetzung der Haushaltssperre.

Schuldenbremse in Landesverfassung übernehmen

Esser warf Rot-Rot vor, kein Sanierungsziel mehr zu haben. Dadurch fehle ein "klarer Kurs" in der Haushaltspolitik. Die Grünen schlagen deshalb als Zielmarke vor, 2020 wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dazu sollte die auf Bundesebene geplante Schuldenbremse, die den Ländern ab 2020 die Aufnahme neuer Kredite untersagt, in der Landesverfassung verankert werden. Nur unter dieser Bedingung könne Berlin die Schuldenhilfe von 80 Millionen Euro jährlich bis 2019 erhalten.

Den Hauptbeitrag zur Konsolidierung der Finanzen müsse der Bund über Steuererhöhungen erbringen, die auch den Ländern zugute kämen, verlangte Esser. Die Steuerquote sollte von derzeit um die 20 auf 24 Prozent angehoben werden. Esser dachte dabei unter anderem an eine Erhöhung der Erbschafts- und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer oder die Abschaffung des Ehegattensplittings.

Berlin müsse im öffentlichen Dienst zudem weiter Personal abbauen, sagte der Finanzexperte. Zusätzlich sollten 5000 Stellen wegfallen, um die Aufwendungen für eine mittelfristige Angleichung der Gehälter an das bundesweite Niveau aufzufangen. Von betriebsbedingten Kündigungen, die vorerst nur bis Ende 2009 ausgeschlossen sind, halte er nicht viel, sagte Esser. Sie würden nur die jungen Leute treffen, die weniger als 15 Jahre dort tätig seien. (ho/ddp)

Christina Schultze[ddp]

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