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Fleischskandal

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Gammelfleisch: Dönerskandal weitet sich aus

40 Cent pro Kilo: In Berlin sind mindestens 14 Tonnen minderwertigen Fleisches verkauft und wohl auch verzehrt worden. Wie kann das sein?

Berlin ist vom aktuellen Fleischskandal deutlich stärker betroffen als zunächst bekannt. Laut Verbraucherschutzsenatorin Katrin Lompscher (Linke) geht die Verwaltung jetzt von 14 Tonnen minderwertiger Ware aus, die von Ende Juli bis Mitte August als Döner in der Stadt und in Brandenburg verkauft und komplett verzehrt worden ist. Am Dienstag war noch von 1,7 Tonnen die Rede. Gesundheitsschädlich sei das Fleisch nicht gewesen, sagte die Senatorin.

Wie berichtet, wurde das nicht zum Verzehr geeignete Fleisch der Handelskategorie 3 (K3) von einem Drehspieß-Hersteller in Mitte verarbeitet. Ein schwäbischer Fleischhändler hatte die als Tiernahrung vorgesehene Ware in mutmaßlich betrügerischer Absicht zuvor umetikettiert und als „lebensmitteltauglich“ geliefert.

Das zuständige Lebensmittelaufsichtsamt in Mitte hatte gestern bei einer Durchsicht der Lieferlisten des Berliner Empfängers festgestellt, dass eine wesentlich größere Menge K3-Fleisch als zuvor angenommen dort verwendet worden ist. Die Menge könne bei der weiteren Prüfung der Dokumente noch steigen. Denn nach ersten Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft am Sitz des schwäbischen Fleischhändlers in Wertingen hat dieser insgesamt zwanzig Tonnen der minderwertigen Ware umetikettiert. Wohin die restlichen sechs Tonnen gegangen sind, wird derzeit ermittelt. Die Landeskriminalämter sind eingeschaltet.

Nach den derzeitigen Erkenntnissen der Behörden hat die Berliner Döner-Firma von der minderen Qualität des Fleisches nichts gewusst. Laut Amtsveterinär Thomas Fischer vom Lebensmittelaufsichtsamt werden die Döner-Spieße aus einer „Wurstmasse“ gepresst, die Rind- und Geflügelfleisch enthält. Hinzugefügt werden Fleischbrocken- und Reste, die beim Zerlegen der Tierkörper zu Filets oder Vordervierteln abfallen. Diese Fleischstücke seien „für den Verzehr in Ordnung.“ Sie werden zu Fleischplatten tiefgefroren und für 1 bis 2,50 Euro pro Kilo an Wurst,- Buletten- oder Dönerhersteller verkauft.

Entsprechende Fleischplatten habe auch der Döner-Hersteller in Mitte bestellt. Stattdessen bekam er zum obigen Preis falsch deklariertes „K3“- Fleisch , das im Einkauf 40 Cent pro Kilo kostet. Dieses wird beim Schlachten als lebensmitteluntauglich aussortiert. „Möglicherweise enthält es zu viel Blut, weil es von der Einstichstelle stammt, an der man einem Tier die Halsschlagader durchtrennt“, erklärt Fischer. Es könne aber auch wegen eines zu hohen Keimgehaltes beanstandet sein. Bei der Tiernahrungsproduktion sei dies unproblematisch, weil das Fleisch hoch erhitzt werde. Als Lebensmittel komme es nicht in Frage. Bei der Gesundheitsverwaltung geht man immerhin davon aus, dass die gefälschten Fleischlieferungen bakteriell unbedenklich waren. Das hätten Tests der bayrischen Behörden an weiterem K3-Fleisch ergeben, das noch in der schwäbischen Firma lagerte.

K3-Fleisch wird gleichfalls tiefgefrostet transportiert. Da Döner-Firmen ihre Lieferungen nur angetaut in der Häckselmaschine zu Fleischbrei verarbeiten, habe die betroffene Firma die mindere Qualität möglicherweise nicht erkannt, vermutet der Amtsveterinär. Berlins größter Döner-Produzent Remzi Kaplan widerspricht. „So etwas sieht und riecht man.“

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