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Thilo Sarrazin

© ddp

Hartz IV: Sarrazin stichelt gegen ehrenamtlich tätige Arbeitslose

"Hartz IV"-Empfänger sollten keine Ehrenämter ausüben, sondern sich erst einmal um einen Job kümmern - sagt Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin. Seine Äußerung sorgte im Abgeordnetenhaus für Empörung.

Über die Förderung von Hartz IV-Empfängern gibt es weiter Meinungsverschiedenheiten in der rot-roten Koalition. Das zeigte sich am gestrigen Donnerstag im Abgeordnetenhaus bei einem Streit zwischen der Linkspartei-Abgeordneten Gabi Hiller und Finanzsenator Thilo Sarrazin. Hiller hatte von Sarrazin wissen wollen, welche Vergünstigungen Hartz- IV-Bezieher erwarten können, die sich ehrenamtlich engagieren. Hiller dachte dabei an Fahrtkosten, die erstattet werden könnten. Sarrazin, der als Finanzsenator mit der Frage zu tun hat, wie sich das Ehrenamt auf die Steuererklärung auswirken kann, ärgerte Hiller mit dem Hinweis, dass Engagement nicht immer finanzielle Vorteile bringen müsse. „Ich war auch ehrenamtlich tätig vor 50 Jahren“, sagte Sarrazin, „ als Pfadfinder“. Dafür habe es kein Geld gegeben. Er sei Pfadfinder gewesen, weil es „einen Höllenspaß gemacht“ habe. Dann legte er nach: Wenn Hartz -IV-Bezieher Kraft für Ehrenämter hätten, sollten sie auch die Kraft aufbringen, sich um Arbeit zu bemühen.

Das veranlasste die Grünen-Abgeordneten Jasenka Villbrandt zu der Frage, was der Regierende Bürgermeister von den Hartz-IV-Regelsätzen halte. Klaus Wowereit hatte, wie berichtet, in seinem Buch über die Unfähigkeit vieler so genannter kleiner Leute geschrieben, ihr Geld vernünftig einzuteilen. Im Abgeordnetenhaus sagte er nun, Hartz IV sei „nicht üppig“. Doch ihm sei es um die Problematik gegangen, dass es den Kindern dieser Leute schlechter gehe, wenn Zuwendung nicht für sie ausgegeben würden, sondern für Handys und Zigaretten.

Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner und Linkspartei-Landeschef Klaus Lederer halten die Ansichten von Wowereit und Sarrazin für falsch. Knake-Werner kündigte an, sie werde bei der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im November für das Land Berlin beantragen, dass die Regelsätze erhöht werden. Da gebe es Differenzen mit der SPD.

Lederer sieht es ebenso. Von einen Streit mit dem Koalitionspartner wollte er nicht sprechen: Man müsse Sarrazin „in der Sache entgegentreten“. Dass die Sozialsenatorin im November mehr Geld für Hartz IV-Bezieher fordern soll, steht für Lederer fest. Er erwarte aber, dass man sich darüber mit der SPD einigen könne. Sarrazins Pfadfinder-Bemerkung nahm Lederer als Beweis für dessen „kruden Humor“. Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann sprach hingegen von einer „Diffamierung“. CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger erklärte: Sarrazin und Wowereit machten Leute schlecht, die sich engagieren, gäben aber diesen Leute keine Perspektive. wvb.

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