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Interview: "Senat schweigt zur Gewalt gegen Schwule"

Sascha Steuer, CDU-Politiker im Berliner Abgeordnetenhaus, forderte vorige Woche in einem Gastkommentar für den Tagesspiegel, dass der Senat und die Migrantenverbände mehr gegen schwulenfeindliche Einstellungen vorgehen sollen. Wir sprachen mit ihm über Reaktionen auf seinen Text.

Herr Steuer, Sie haben den Senat in  dem viel diskutierten Kommentar aufgefordert, gegen die unter muslimischen Migranten verbreitete Ablehnung von Homosexuellen vorzugehen. Welche Reaktionen haben Sie aus der Landesregierung bekommen?

Keine.

Wie empfinden Sie das?

Es geht nicht, dass man sich als schwuler Regierender Bürgermeister nur zu positiven Dingen verhält – und gibt es mal einen Konflikt, in dem der Senat eine klare Linie zeigen muss, hört man kein Wort. Wowereits Engagement misst sich daran, ob er in einem Konflikt wie diesem Position bezieht – im Zweifel auch gegen jemanden.

Was erwarten Sie vom Senat?

Ich habe viele Anregungen gemacht, wo man ansetzen kann, von der Handreichung für Lehrer zum Thema Islam und Schule über den Umgang mit Hetzartikeln und Hetzreden bis hin zu den „Respekt Gaymes“, bei denen Sportler aus Migrantenverbänden und der schwullesbischen Gemeinschaft gemeinsam Sport machen, die aber in Bezirken mit hohem Migrantenanteil nicht stattfinden durften, weil man Migrantenjugendliche nicht provozieren wollte. Hier ist der Senat gefordert, eine Kampagne zu starten.

Haben Sie Reaktionen von Migrantenorganisationen oder Muslimen bekommen?

Ich habe sehr viele positive Kommentare bekommen, aber nicht von Migranten.

Was bedeutet das?

Diese Gruppen weichen dem Thema aus und schweigen, weil sie ein Problem mit Homosexualität haben. Das geht nicht. Gerade die Migrantenverbände müssen Position beziehen.

Hat die Feindseligkeit von muslimischen Jugendlichen gegen Schwule zugenommen - oder wird nur offener drüber geredet?

Ich glaube, wir haben keine Zunahme von Integration in Berlin, sondern eine Abnahme. Die dritte Generation ist teilweise schlechter integriert und weniger integrationswillig als ihre Eltern und Großeltern. Und die Zahl der Übergriffe hat insgesamt ganz klar zugenommen.

Sie haben eine Kampagne des Senats gefordert. Was soll das Ziel sein?

Der Senat ist in der Pflicht, die Migranten in eine Entscheidungssituation zu bringen, wenn nötig auch zu provozieren. Es muss deutlich werden: Homosexualität, aber auch Gleichberechtigung von Frauen und Männern, sind in Berlin selbstverständlich; wenn Ihr Euch damit anfreundet, ist es gut – wenn nicht, solltet Ihr Euch entscheiden zu gehen.

Gefährdet das nicht das friedliche Miteinander?

Gibt es das? Ich bezweifle das. Wenn man, wie ich, lange in Nordneukölln gelebt hat, oder im Wedding, weiß man, dass die Wirklichkeit anders aussieht.

Das Gespräch führte Lars von Törne

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