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Lompscher

© ddp

Katrin Lompscher: Die Senatorin mit den vielen Baustellen

Möbelhäuser, Bushaltestellen oder marode Gehwege: Das waren die Themen, mit denen sich die Lichtenberger Baustadträtin Katrin Lompscher vor ihrem Wechsel in die Landespolitik befassen musste. Die Kritik an Katrin Lompscher wächst seitdem.

Von Sabine Beikler

Seit 2006 ist die 48-jährige Linkspolitikerin Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. Einen inhaltlichen Zugang für diese Bereiche hatte die in Ost-Berlin geborene Baufacharbeiterin mit Abitur und Diplom für Städtebau zuvor nicht. Trotz der fehlenden Fachkompetenz schätzte man in Koalitionskreisen zu Beginn ihrer Amtszeit ihr hemdsärmeliges Auftreten, die Hartnäckigkeit und ihr schnelles Einarbeiten in Themen. Doch aus dem Wohlwollen ist selbst in Senatskreisen inzwischen Groll und Ungeduld geworden: Sie habe ihre Verwaltung nicht im Griff, Vorlagen kämen zu spät, der Koalitionspartner werde unzureichend eingebunden. „Sie wirkt überfordert“, heißt es in SPD-Kreisen. Als „ankündigungsstark und umsetzungsschwach“ bewertet die Opposition Lompschers Arbeit, die Linkspolitiker mit „gute Ideen, aber schwierige Umsetzung“ umschreiben.

Lompschers Lieblingsthema ist der Umweltbereich. Unbeirrt verfolgte sie im vergangenen Jahr das Ziel, die Umweltzone ab Januar dieses Jahres einzuführen. „Verschoben wird nicht“, verteidigte sie noch Mitte Dezember den Starttermin der Umweltzone und wischte die Kritik von Wirtschaftsverbänden an der Umsetzung harsch vom Tisch. Viel zu lange fehlten klare Regelungen für Ausnahmegenehmigungen. Bedenken äußerten die Bezirke: Sie rechneten mit einer Flut von Ausnahmeanträgen. Auch die Polizei drängte auf eine Karenzzeit. Erst in letzter Minute reagierte die Umweltverwaltung darauf: Die Umweltzone startete zwar pünktlich, aber mit einem Monat Schonfrist für säumige Autofahrer.

Eigentlich sollte auch der Fuhrpark der Landesverwaltung klimafreundlicher werden. Doch allzu weit ist der Senat bisher nicht vorangekommen: Nur Katrin Lompscher fährt mit einem hybridbetriebenen Dienstwagen umweltfreundlich. Ein Rundschreiben von Lompscher an die öffentlichen Verwaltungen nannte zwar verbindliche Höchstgrenzen und wünschenswerte Sollziele, doch Sanktionen wurden nicht festgeschrieben. „Reine Symbolpolitik“, kritisieren die Grünen.

War Lompscher bei der Durchsetzung der Umweltzone zu schnell, agierte sie in anderen Fällen zu zögerlich – wie bei der Einführung des Rauchverbots. Verstöße von Gastronomen werden erst mit halbjähriger Karenzzeit ab Juli geahndet: Das Gesetz wurde zu spät fertig, damit Wirte Umbauten noch vor dem 1. Januar bei Inkrafttreten des Gesetzes geschafft hätten. Und wer ab Juli die Einhaltung des Rauchverbots kontrollieren soll, ist eine offene Frage: Den Bezirken fehlt das Personal, es wird nur Stichproben geben.

Lompschers größte Baustelle aber ist die Gesundheitspolitik. Die 2006 in der Koalitionsvereinbarung festgelegte Kooperation von Charité und dem landeseigenen Vivantes-Konzern ist bisher nicht umgesetzt worden. Und Ärger über eine Vorlage zur Krankenhausplanung gab es kürzlich im Senat. Lompscher habe diese Vorlage direkt zur Mitzeichnung in die Staatssekretärsrunde geben wollen, hieß es. Das ließen offenbar weder der Regierende Bürgermeister noch der Finanzsenator durchgehen und forderten die Vorlage ein. „Das war von Lompscher unprofessionell“, hieß es in Senatskreisen.

Die 2006 beschlossene Reform des öffentlichen Gesundheitsdienstes gipfelte im März dieses Jahres in einer Vorlage für eine „verbindliche Zielstruktur“. Dafür gab es schallende Ohrfeigen: „Die Reform wurde missbraucht, um noch mehr Personal einzusparen“, kritisiert SPD-Gesundheitspolitikerin Stefanie Winde. In seltener Einmütigkeit lehnten alle Gesundheitsstadträte diese Zielstruktur ab. Man habe darüber „in keiner Weise“ zuvor mit den Stadträten gesprochen. Dieses Vorgehen sei „absolut inakzeptabel“, schreiben sie: Es seien immerhin die Bezirke, die wachsende Aufgaben im Gesundheitsbereich erfüllen müssten. Und über die Umsetzung von Kinderschutz-Richtlinien in Lompschers Verantwortung gibt es wie berichtet seit längerem Ärger in der Koalition: Erst auf Druck und durch Vorarbeit der Charité legte die Verwaltung ein Konzept für Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern vor. Aber nach wie vor fehlen die zugesagten zusätzlichen zwei Stellen pro Bezirk im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst.

Aber nicht nur die Senatorin, auch ihr Staatssekretär Benjamin Hoff steht in der Kritik. Jahrelang war der mit 32 Jahren jüngste Berliner Staatssekretär Parlamentarier und Experte der Linken für Wissenschafts- und Gesundheitspolitik. Er sei ein guter Theoretiker, aber für eine Verwaltungsführung nicht geeignet. Hoff könne schlecht Aufgaben delegieren und habe einen „hierarchischen Führungsstil“, heißt es behördenintern.

Das nächste größere Projekt von Lompschers Verwaltung ist die Erarbeitung der Klimaschutz-Ziele für Berlin. Ein „sehr ambitioniertes Projekt“, heißt es in Regierungskreisen. Man müsse „dann mal schaun, was herauskommt“. Optimismus hört sich etwas anders an.

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