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Landesparteitag: Linke drohen SPD mit Ausstieg aus der Koalition

Gregor Gysi und Landeschef Klaus Lederer prangern auf dem Parteitag Wowereits Bruch der Koalitionsvereinbarung an. Und warnen Wowereit: "Niemand darf uns vorführen." Trotzdem stellt bisher kein ranghohes Mitglied die Koalition in Frage.

Ein kämpferischer Lenin schwingt mit geballter Faust seine Reden, grimmig blickende Kommunisten greifen zum Gewehr, an der Wand prangt der Slogan: „Der provisorischen Regierung keine Unterstützung!“ Mit revolutionärem Pathos begann am Samstagnachmittag der Landesparteitag der Berliner Linken in der Lichtenberger Max-Taut-Aula. Bis zum Sonntagabend wollen hier rund 150 Delegierte eine Bilanz der rot-roten Koalitionsarbeit ziehen, die Parteiführung durch Wahlen bestätigen und sich auf die Bundestagswahl 2009 vorbereiten.

Ähnlich kämpferisch wie die zu Anfang gezeigten Filmsequenzen von der Oktoberrevolution gaben sich der am Abend erneut ins Amt gewählte Parteichef Klaus Lederer, Senatoren wie Heidi Knake-Werner und Harald Wolf sowie Gregor Gysi, Chef der Bundestags-Linksfraktion. In deren Reden bekam der Koalitionspartner SPD mehr Seitenhiebe ab als sonst auf Linken-Parteitagen üblich. Der Ärger der Genossen machte sich vor allem an dem fest, was am Vortag im Bundesrat passiert war und was zu der größten rot-roten Koalitionskrise seit langem geführt hat. Am Freitag hatte, wie berichtet, Klaus Wowereit der umstrittenen Erbschaftssteuerreform zugestimmt, obwohl sein Koalitionspartner Linke das Gesetz ablehnt.

Das ist für die Linken „nicht hinnehmbar“, sagte Parteichef Lederer, der mit 73 Prozent der Delegiertenstimmen wiedergewählt worden war (gegenüber 79 Prozent bei der letzten Wahl). Wowereit und der SPD warf er vor, den Koalitionsvertrag gebrochen und dies mit einem vermeintlichen „Interesse des Landes Berlin“ begründet zu haben. Lederers mit viel Applaus bedachte Entgegnung: „Was das Interesse des Landes Berlin ist, legt nicht alleine Klaus Wowereit fest.“

Am weitesten ging Gregor Gysi. „Wenn Wowereit den Koalitionsvertrag jemals wieder so bricht, dann ist es zu Ende“, warnte Gysi und forderte seine Berliner Genossen auf, dem Koalitionspartner deutlich zu machen: „Niemand darf uns vorführen.“ Wenn Wowereit die Koalition mit der Linken nicht mehr wolle, „dann soll er das sagen – aber nicht mit solchen Tricks operieren.“

Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner warf der SPD vor, sich in eine „eifersüchtige Konkurrenzpartei“ verwandelt zu haben, deren „bundesweite Glaubwürdigkeitskrise“ sich auch auf das Klima in der rot-roten Koalition negativ auswirke. Vor allem Finanzsenator Thilo Sarrazin habe sich in der gemeinsamen Regierung vor allem durch „Ignoranz und soziale Inkompetenz“ ausgezeichnet, sagte sie mit Bezug zu dessen Haltung gegenüber Hartz-IV-Haushalten und Mietzuschüssen für Arbeitslose.

Doch trotz der Unzufriedenheit mit dem Regierungspartner stellte am Sonnabend kein ranghoher Parteivertreter die Koalition in Frage. „Es gibt keine Chance, die SPD nach links zu bewegen, außer sich mit ihr einzulassen“, sagte Heidi Knake-Werner. Wie es mit der Koalitionskrise weitergeht, blieb am Sonnabend offen. Während manche Linken-Politiker darüber nachdachten, den Koalitionsausschuss einzuberufen, wollten andere in informellen Runden der SPD signalisieren, dass man sich zutiefst düpiert fühlt. Und auch, um sie zu warnen: „So etwas darf in einer Koalition nur einmal passieren“, sagte ein ranghoher Berliner Funktionär.

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